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Einer (aktuelleren aber wohl singulären) Rechtsprechung des LG Mönchengladbach folgend ist der Kaskoversicherer im Falle einer arglistigen Täuschung leistungsfrei, was wiederum zur Folge habe, dass der Versicherer gezahlte Beträge zurückverlangen könne. Das LG Mönchenglabach unterscheidet hier nicht großartig zwischen dem Zeitpunkt der arglistigen Täuschung (dort: auch im Rahmen der Gerichtsverhandlung noch möglich) und den zurückgeforderten Zahlungen (dort: Zahlungen vor der Täuschung). Das dürfte indes nicht mit der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung in Einklang zu bringen sein. vgl. LG Mönchengladbach, Urteil vom 06.04.2017 - 1 O 220/15 |
Rn. 9-2827 | Zitat (LG Mönchengladbach, Urteil vom 06.04.2017 - 1 O 220/15) ein-/ausblenden "Die Klägerin hat die vorgenannten Beträge ohne Rechtsgrund an die vom Beklagten beauftragte Reparaturwerkstatt und das Abschleppunternehmen sowie an die Landesbehörde XXXXXXXXXXX gezahlt. Der Beklagte hatte keinen Anspruch auf Ausgleich des Kaskoschadens, da die Klägerin gemäß § 28 Abs. 2 S. 1, § 31 Abs. 1 S. 1 VVG i.V.m. Ziff. E.1.3, E.7.1 AKB von der Verpflichtung zur Leistung frei ist.
Zwar wäre die Klägerin gemäß dem zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrag grundsätzlich zum Ausgleich eines Haftpflicht- und Kaskoschadens verpflichtet. Vorliegend hat der Beklagte jedoch gegen die ihm obliegenden, nach Eintritt des Versicherungsfalles bestehenden Aufklärungspflichten vorsätzlich verstoßen, so dass sich nach § 28 Abs. 2 S. 1 VVG Leistungsfreiheit ergibt.
Gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 VVG kann der Versicherer nach Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Dementsprechend ist der Versicherungsnehmer gemäß Ziff. E.1.3 AKB verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadenereignisses dienen kann. Hierzu gehört insbesondere auch die Nennung des Fahrers des Unfallfahrzeuges (OLG Hamm, Urteil vom 15.06.1988 - 20 U 342/ 87, r + s 1989, 39).
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Unabhängig davon hat die Klägerin aber auch noch einmal mit ihrer Auskunftsanfrage betreffend die Identität des Fahrers vom 02.12.2016 (Bl. 88 d.A.) ausdrücklich und in der gesetzlich vorgesehenen Textform auf die Folgen einer Auskunftspflichtverletzung hingewiesen, ohne dass der Beklagte innerhalb der gesetzten (angemessenen) Frist die angeforderten Informationen herausgegeben hätte.
Da der Versicherungsschutz aufgrund der vorgenannten Obliegenheitsverletzung vollständig entfallen ist, § 28 Abs. 2 S 1 VVG iVm. Ziff. E. 7.1 AKB, kommt es auf die Frage einer möglichen Unfallflucht sowie einer möglichen Alkoholisierung des Fahrers des Unfallfahrzeugs und diesbezüglicher ev. weitergehender Falschangaben nicht mehr an." vgl. LG Mönchengladbach, Urteil vom 06.04.2017 - 1 O 220/15 (externer Link) | Rn. 9-2828 |
Nach Ansicht des BGH kann eine arglistige Täuschung nicht den Rechtsgrund einer vorherigen Zahlung beseitigen. Für die Vergangenheit kann die Rechtmäßigkeit der Leistung daher grundsätzlich nicht entfallen, nur weil der Versicherungsnehmer später arglistig täuscht, um weitere Leistungen zu erhalten. vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – IV ZR 237/00 |
Rn. 9-2829 | Zitat (BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – IV ZR 237/00) ein-/ausblenden "Zu dieser Bestimmung hat der Bundesgerichtshof entschieden, daß von der Leistungsfreiheit nur solche Ansprüche betroffen sind, die im Zeitpunkt der arglistigen Täuschung noch offen sind. Die Klausel enthält eine Verwirkungsbestimmung mit Strafcharakter. Sie beruht letztlich auf dem Gedanken, daß dem arglistig getäuschten Versicherer eine Leistung nicht mehr zugemutet werden kann. Für schon vor dem Eintritt des Verwirkungstatbestandes erbrachte Leistungen auf bestehende Verbindlichkeiten entfällt der rechtliche Grund durch die arglistige Täuschung daher nicht. Der Gedanke, daß ein Vertragspartner eine empfangene Leistung, die ihm zum Zeitpunkt der Erfüllung auch zustand, wegen einer nachträglichen Pflichtverletzung herauszugeben hätte, ist dem bürgerlichen Recht fremd (BGHZ 96, 88, 94 ff.). Da die bereits erbrachten Zahlungen der Klägerin Abschlagszahlungen waren, die nicht unter Vorbehalt standen und die allesamt geleistet wurden, bevor der Beklagte in der Abschlußbesprechung vom 24. November 1998 wahrheitswidrig eine bereits erfolgte Lieferung der Ersatzmaschinen vorspiegelte, ist durch diese arglistige Täuschung der Rechtsgrund für die Leistungen der Klägerin nicht weggefallen." vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 – IV ZR 237/00 | Rn. 9-2830 |
Das Oberlandesgericht Düsseldorf folgt dem Bundesgerichtshof, wonach genau auf die Zeitpunkte der Leistung einerseits und der Arglist andererseits abzustellen sei. Die Leistungsfreiheit wegen arglistiger Täuschung bewirkt demnach nur eine Leistungsfreiheit ab dem Moment des arglistigen Handelns. Beträge, die nach der arglistigen Täuschung gezahlt wurden, könnten demnach zurückgefordert werden. vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juli 2010, Az. I-4 U 180/09 |
Rn. 9-2831 | Zitat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juli 2010, Az. I-4 U 180/09) ein-/ausblenden "Dies berechtigt die Klägerin trotz des für die alte Rechtslage im Bereich der Obliegenheitsverletzung geltenden alles-oder-nichts-Prinzips jedoch nicht zur vollständigen Rückforderung der gesamten Versicherungsleistung. Von der Leistungsfreiheit sind nur solche Ansprüche betroffen, die im Zeitpunkt der arglistigen Täuschung noch offen sind. Für schon vor dem Eintritt des Verwirkungstatbestandes erbrachte Leistungen auf bestehende Verbindlichkeiten entfällt der rechtliche Grund durch die arglistige Täuschung nicht. Der Gedanke, dass ein Vertragspartner eine empfangene Leistung, die ihm zum Zeitpunkt der Erfüllung auch zustand, wegen einer nachträglichen Pflichtverletzung herauszugeben hätte, ist dem bürgerlichen Recht fremd (vgl. BGH, Urteil vom 13. Juni 2001, Az.: IV ZR 237/00, abgedruckt u.a. in: VersR 2001, 1020; BGH, Urteil vom 02. Oktober 1985, Az.: IVa ZR 18/84, abgedruckt u.a. in: BGHZ 96, 88; Hofmann, in: Stiefel/Hofmann, Kraftfahrtversicherung, 17. Auflage (2000), § 7 AKB, Rdnr. 240)." vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. Juli 2010, Az. I-4 U 180/09 | Rn. 9-2832 |
Falls dann aber jemand arglistig täuscht, dann schlägt in der Regel eine Täuschung hart durch; falls also jemand arglistig täuscht (selbst bzgl. ohnehin nicht versicherter Dinge / Beträge), dann besteht - mit der Ausnahme eines treuebedingt unzulässigen Berufens hierauf - keine Leistungsfreiheit des Versicherers auch für Leistungen, die (zukünftig auszuzahlen) geschuldet wären. vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2005 – IV ZR 211/04 |
Rn. 9-2833 | Zitat (BGH, Beschluss vom 13. Juli 2005 – IV ZR 211/04) ein-/ausblenden "1. Hat ein Versicherungsnehmer mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein (klageabweisendes) Berufungsurteil im Deckungsprozeß gegen die Feuerversicherung allein die Frage aufgeworfen, ob eine arglistige Täuschung über Tatsachen (hier: über die Höhe des bei einem Hausbrand entstandenen Schadens) auch dann zur Leistungsfreiheit des Versicherers führt, wenn sich die falsche Auskunft des Versicherungsnehmers auf Schadenspositionen bezieht, die wegen Erreichung der Versicherungssumme ohnehin nicht mehr zum Tragen kommen, rechtfertigt dies nicht die Zulassung der Revision. Die Frage bedarf keiner grundsätzlichen Klärung i.S.d. § 543 Abs. 2 ZPO nachdem sich der Senat zur Einschränkung der vollständigen Leistungsfreiheit der Versicherers nach arglistiger Täuschung bereits geäußert hat (Festhaltung BGH, 2. Oktober 1985, IVa ZR 18/84, BGHZ 96, 88 und BGH, 23. September 1992, IV ZR 199/91, VersR 1992, 1465)." vgl. BGH, Beschluss vom 13. Juli 2005 – IV ZR 211/04 | Rn. 9-2834 |
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