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-> Versicherungsrecht
-> Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers
-> gegenüber anderen (Quasi-)Versicherern
-> "Gespann-Regress" nach § 19 StVG
Der Regress eines Versicherers eines Gespannteils (Zugmaschine oder Anhänger/Auflieger) gegen einen anderen Versicherer eines Gespannteils (Zugmaschine oder Anhänger/Auflieger) aus einem Unfallereignis richtet sich für Unfälle nach dem 18.07.2020 nach § 19 StVG in der Fassung vom 10.07.2020. Anspruchsgrundlage ist damit § 78 Abs. 3 VVG in Verbindung mit § 19 Abs. 4 StVG. vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 |
Rn. 9-2566 | Zitat (BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23) ein-/ausblenden "1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 78 Abs. 3 VVG in Verbindung mit § 19 Abs. 4 StVG in der Fassung des Gesetzes zur Haftung bei Unfällen mit Anhängern und Gespannen im Straßenverkehr vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1653) anzuwenden ist, da der Unfall im Jahr 2021 eintrat (vgl. § 65 Abs. 6 StVG)." vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 (externer Link) | Rn. 9-2567 |
Nach der Grundregel haftet im Innenverhältnis der Halter des Zugfahrzeuges allein, was für die Mehrfachversicherung bedeutet, dass auch dessen Versicherer im Innenverhältnis nach § 78 Abs. 3 VVG verantwortlich ist. vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 |
Rn. 9-2568 | Zitat (BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23) ein-/ausblenden "b) Nach § 19 Abs. 4 Satz 2 StVG ist im Verhältnis der Halter des Zugfahrzeugs und des Anhängers zueinander nur der Halter des Zugfahrzeugs verpflichtet. Dies gilt nicht, soweit sich durch den Anhänger eine höhere Gefahr verwirklicht hat als durch das Zugfahrzeug allein; in diesem Fall hängt die Verpflichtung zum Ausgleich davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem Zugfahrzeug oder dem Anhänger verursacht worden ist (§ 19 Abs. 4 Satz 3 StVG). Das Ziehen des Anhängers allein verwirklicht im Regelfall keine höhere Gefahr (§ 19 Abs. 4 Satz 4 StVG)." vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 (externer Link) | Rn. 9-2569 |
Ein Rückwärtsfahren und Rangieren mit dem Anhänger stellt zunächst weiterhin ein Ziehen im Sinne des § 19 Abs. 4 S. 4 VVG dar. vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 |
Rn. 9-2570 | Zitat (BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23) ein-/ausblenden "Entgegen der Auffassung der Revision ist auch das Rückwärtsfahren mit einem Anhänger ein "Ziehen" im Sinne von § 19 Abs. 4 Satz 4 StVG. Diese Begriffsverwendung entspricht der Legaldefinition in § 19 Abs. 1 Satz 1 StVG ("[...] eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug (Zugfahrzeug) gezogen zu werden [...]"). Die Vorschrift des § 19 Abs. 1 StVG erfasst unabhängig von der Fahrtrichtung jede Bewegung des Anhängers (d.h. auch das Rückwärtsschieben) durch das Zugfahrzeug. Ob der Anhänger beim konkreten Haftpflichtgeschehen gezogen oder geschoben (z.B. während eines Rangiervorganges) wird, ist nicht relevant. Entscheidend ist allein seine abstrakte Bestimmung, prinzipiell an ein Kraftfahrzeug angehängt zu werden (vgl. Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, 27. Aufl., StVG § 19 Rn. 28). Vormals hieß es in § 7 Abs. 1 StVG a.F. bezüglich der Anhängerhaftung auch "oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden". Nach der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 19/17964 S. 9, 13) zur Neuregelung der Anhängerhaftung - nun nicht mehr in § 7 StVG, sondern in § 19 StVG - hatte die Ersetzung der Wörter "mitgeführt zu werden" durch "gezogen zu werden" nur sprachliche Gründe. Eine inhaltliche Änderung sollte damit ausdrücklich nicht verbunden sein (vgl. Bollweg/Wächter, NZV 2020, 545, 549; Jahnke in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, 27. Aufl., StVG § 19 Rn. 57; zumindest teilweise anders Bauer-Gerland, VersR 2020, 146; siehe weiter § 2 Nr. 2 FZV). Für ein abweichendes Begriffsverständnis des "Ziehen" in § 19 Abs. 4 Satz 4 StVG gibt es keine Anhaltspunkte (vgl. BT-Drucks. 19/17964 S. 16 f.). Vielmehr stellt die Gesetzesbegründung darauf ab, dass der Anhänger dem Zugfahrzeug zu- und untergeordnet ist, am Zugfahrzeug hängt und daher von diesem abhängt (vgl. BT-Drucks. 19/17964 S. 17)." vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 (externer Link) | Rn. 9-2571 |
Das Rangieren und Rückwärtsfahren mit einem gewöhnlichen Anhänger oder Auflieger gehört auch noch zu dem gewöhnlichen Ziehen, welches keine Mehrgefahr des Anhängers/Aufliegers darstelle. Demnach haftet auch bei einem Rangier- und Rückwärtsfahrunfall der Halter des Zugfahrzeuges allein. Dessen Versicherer ist dann im Innenverhältnis auch vollständig ausgleichspflichtig. vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 |
Rn. 9-2572 | Zitat (BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23) ein-/ausblenden "Anders als die Revision meint, steht der Annahme eines Regelfalls nach § 19 Abs. 4 Satz 4 StVG im Streitfall nicht entgegen, dass sich im Rückwärtsrangieren etwa eine höhere Gefahr durch den Anhänger verwirklicht hätte. Zwar trifft es zu, dass das Gespann länger und unübersichtlicher ist als (nur) das Zugfahrzeug. Allerdings soll der in § 19 Abs. 4 Satz 2 StVG bestimmte Regelfall nach der gesetzlichen Regelung nur ausnahmsweise durchbrochen werden. Die Gesetzesbegründung führt als Beispiele an, dass "der Anhänger im Einzelfall aufgrund seiner außergewöhnlichen Beschaffenheit (Überlänge, Überbreite, Schwertransporter etc.) eine besondere Gefahr darstellt" oder der verbundene Anhänger einen technischen Defekt aufweist (vgl. BT-Drucks. 19/17964 S. 17; siehe weiter Bauer-Gerland, VersR 2020, 146, 147; Stadler, r+s 2021, 133, 137). Daher kann auch dahingestellt bleiben, ob - wie die Revision beiläufig ausführt - es sich beim Zugfahrzeug um einen LKW und beim Anhänger um einen Auflieger handelte. Im Übrigen wäre nicht festgestellt, dass sich hier durch den Anhänger eine höhere Gefahr als durch das Zugfahrzeug allein auch tatsächlich verwirklicht hätte (§ 19 Abs. 4 Satz 3 StVG). Die Revision rügt nicht, dass Instanzvortrag übergangen worden ist." vgl. BGH, Urteil vom 14.11.2023 - VI ZR 98/23 (externer Link) | Rn. 9-2573 |
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