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Beweisfragen
Die Spielregeln der Sportverbände geben wichtige Anhaltspunkte, ob ein fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverstoß im Einzelfall gegeben ist, stellen aber kein bindendes Recht im Rahmen der rechtlichen Bewertung dar. vgl. OLG Düsseldorf im Urteil vom 02.04.2004, Az. I-14 U 230/03 |
Rn. 9-753 |
Der Geschädigte muss nach den gewöhnlichen Regeln einen Anspruch darlegen und beweisen. vgl. OLG Düsseldorf im Urteil vom 02.04.2004, Az. I-14 U 230/03 |
Rn. 9-754 |
Eine Schiedsrichterentscheidung hat ebenfalls keine bindende, sondern allenfalls eine indizielle Bedeutung bei der gerichtlichen Klärung der Rechtsfrage. vgl. OLG Düsseldorf im Urteil vom 02.04.2004, Az. I-14 U 230/03 |
Rn. 9-755 |
Eien gewisse Indiz- oder Bindungswirkung kann indes bei Sportarten gelten, die mehrere Handlungsmöglichkeiten des Schiedsrichters ermöglichen und über eine unmittelbare rote Karte hinaus einen gesonderten Bericht ermöglichen, die weitere Sperrungen bedeuten. Dies ist beispielsweise beim Handball der Fall. vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2019 - 22 U 50/17 |
Rn. 9-756 | Zitat (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2019 - 22 U 50/17) ein-/ausblenden "Angesichts dieser Einschätzung vermag der Senat im Gegensatz zur Einschätzung des Landgerichts keine Überzeugung davon zu gewinnen, dass vorliegend ein so erheblicher Regelverstoß vorlag, der nicht mehr von der Einwilligung der Klägerin gedeckt war und gemäß § 823 BGB zum Schadensersatz führt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine reine Match-Strafe wie die vorliegende Rote Karte ohne Bericht zu keinen Weiterungen in Bezug auf spätere Spiele oder auch das Vereinsstrafsystem führt. Auf der anderen Seite sieht das Regelwerk gerade bei schwerwiegenden Regelverstößen die rote Karte mit Bericht vor, damit zum einen ausreichende Tatsachenfeststellungen geschaffen werden und zum anderen die für die Spielleitung Verantwortlichen darüber entscheiden und die Vereine dagegen entsprechende Rechtsmittel einlegen können.
Gerade dieses ausgearbeitete Regelwerk der Rechtsordnung des DHB - hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl. 221ff. d.A. Bezug genommen -, dem sich die Parteien bei Spielbeginn unterworfen haben, zeigt - wie auch der Sachverständige ausgeführt hat - deutlich, ab welchem Grad Regelverletzungen weitere Bedeutung haben sollen und nicht mehr von reinen Match-Strafen erfasst werden.
Die Grenze ist mithin die Sanktion der roten Karte mit Bericht. Auf dieser Basis sind dann Tatsachenfeststellungen möglich, die vorliegend, wie der Rechtsstreit zeigt, gerade nicht eindeutig getroffen werden können. Wird eine solche nicht verhängt und gibt es auch auf dem Spielbericht keine abweichenden Vermerke, ist davon auszugehen, dass Regelwidrigkeiten sich im Rahmen des körperbetonten Spielbetriebs halten und deshalb dadurch bedingte Verletzungen von der Einwilligung des Verletzten umfasst sind." vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2019 - 22 U 50/17 (externer Link) | Rn. 9-757 |
Die Einwilligung der Sportler ist gerade bei Kampfsportarten wie Fußball, Handball oder Basketball entscheidend für die Durchführung der Sportart selbst. Regelkonforme bzw. -geduldete Spielweisen führen damit nicht zu einer Haftung. vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2019 - 22 U 50/17 |
Rn. 9-758 | Zitat (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2019 - 22 U 50/17) ein-/ausblenden "Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit und des Verschuldens eines Schädigers bei Sportverletzungen - insbesondere solchen bei Ausübung von Mannschafts-Kampfsportarten - ist in der dogmatischen Einordnung problematisch. Gleichwohl herrscht insoweit in der Rechtsprechung seit längerem Einigkeit darüber, dass die Herbeiführung einer Verletzung des Kontrahenten (Gegenspielers) bei Einhaltung der Spielregeln regelmäßig eine Haftung des Schädigers aus § 823 Abs. 1 BGB nicht begründen kann (vgl. BGH, Urt. vom 5.11.1974 - VI ZR 100/73 - Z 63, 140, 147 = NJW 1975, 109 ff.; Urt. vom 10.2.1976 - VI ZR 32/74 - in: NJW 1976, 957, 958; Urt. vom 16.3.1976 - VI ZR 199/74 - in: NJW 1976, 2161). Bei Mannschafts-Kampfsportarten treten die gegeneinander spielenden Mannschaften nach denselben Regeln an; jeder Mitspieler erkennt die Teilnahmebedingungen als für ihn verbindlich an, so dass unterstellt werden kann, dass er in das Risiko des Eintritts einer durch regelrechte Spielweise verursachten Verletzung einwilligt und dementsprechend keine ihm etwa erwachsenen Schadensersatzansprüche geltend machen wird (BGH, a.a.O.; LG Marburg NJW-RR 1988, 1243, 1244).
Welche Gefahren im Einzelnen hingenommen werden müssen, ist primär nach den Spielregeln zu bestimmen, nach denen die Sportmannschaften angetreten sind (BGHZ 63, 140, 143 = NJW 1975, 109, 111; LG Marburg, a.a.O.). Bei Mannschafts-Kampfsportarten wie etwa Basketball, Fußball oder Hallenhandball werden hohe Anforderungen an die physische und psychische Kraft, an Schnelligkeit, Geschicklichkeit und körperlichen Einsatz der Mitspieler gestellt. Für sie ist bezeichnend, dass gewisse Kampfhandlungen, die praktisch auch von einem sorgfältigen Spieler nicht zu vermeiden sind und darüber hinaus bei realistischer Betrachtung nicht aus dem Spiel hinweggedacht werden können, wenn dieses nicht seinen Charakter als lebendiges Kampfspiel verlieren soll, nach den Spielregeln bereits als Foulspiel gewertet werden (vgl. BGH, a.a.O.).
An die "im Verkehr erforderliche Sorgfalt" (§ 276 BGB) ist ein besonderer, durch die jeweilige Eigenart des Spieles geprägter Maßstab anzulegen, nach welchem ein die Gefahr vermeidendes Verhalten im gegebenen Falle zuzumuten sein muss. In der Rechtsprechung ist daher anerkannt, dass nicht jede geringfügige Verletzung einer dem Schutz der Spieler dienenden Regel als fahrlässiges Verhalten zu bewerten ist, insbesondere dann nicht, wenn sie - wie häufig der Fall - aus Spieleifer, Unüberlegtheit, technischem Versagen, Übermüdung oder ähnlichen Gründen geschehen ist (OLG Frankfurt am Main 22.3.1990 - 15 U 195/88 -). Für die Bewertung eines Regelverstoßes als fahrlässiges Verhalten im Sinne eines Verstoßes gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt ist mithin ein besonderer, durch die Eigenart des Spiels geprägter Maßstab anzulegen und ferner die Häufigkeit von Regelverstößen der fraglichen Art in der betroffenen Sportart mit zu berücksichtigen (BGH NJW 1976, 2161, 2162; LG Marburg, a.a.O.).
Dies gilt in ausgeprägter Weise beim Hallenhandball, bei dem der körperliche Einsatz erlaubt ist und dies notwendigerweise zu körperlichem Kontakt von Gegenspielern führt (vgl. Mertens, in: Münchener Kommentar zum BGB, § 823 Rn. 329; BGH NJW 1975, 109, 111; NJW 1976, 957, 958 und 2161; LG Marburg, a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.)." vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2019 - 22 U 50/17 (externer Link) | Rn. 9-759 |
Es gibt keinen Anscheinsbeweis für eine haftungsbegründende Pflichtverletzung bzw. Regelwidrigkeit aufgrund der Schwere der Verletzung. vgl. OLG Düsseldorf im Urteil vom 02.04.2004, Az. I-14 U 230/03 |
Rn. 9-760 |
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