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Die geschädigte Person muss sich um eine Erledigung der Schadenangelegenheit in angemessener Zeit bemühen. Anderenfalls sind die Ansprüche gekürzt, § 254 BGB. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 |
Rn. 9-2345 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Im Übrigen muss sich der Geschädigte um eine zügige Reparatur bzw. Ersatzbeschaffung bemühen (BGH NJW 1986, S. 2945; NJW 1974, S. 160; Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 37). Er darf daher grundsätzlich nicht die Übernahmebestätigung durch den Haftpflichtversicherer der Gegenseite abwarten (KG VersR 2004, S. 78; Hentschel/König/Dauer, a. a. O., Rn. 37, 22). " vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2346 |
Dabei hat er grundsätzlich freie Hand. Entscheidet er sich für eine Reparatur, obliegen ihm nur die Obliegenheiten einer sinnvollen Auswahl des Reparaturbetriebes und einer aus interessierter Laiensphäre stammende sachgerechten Überwachung der Reparatur. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 |
Rn. 9-2347 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn dem Geschädigten - etwa bei der Auswahl der Werkstatt oder bei der Überwachung des Reparaturbetriebes - ein Verstoß gegen seine Schadensminderungsobliegenheit vorzuwerfen ist (OLG Saarbrücken, a. a. O.; OLG Stuttgart, a. a. O.; OLG Köln, a. a. O.). " vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2348 |
Auch dann, wenn es einen eintrittspflichtigen Kaskoversicherer auf Seiten des Geschädigten gibt, ist der Geschädigte nicht gehalten, zur Entlasung des Schädigers über diesen eine Reparatur abzurechnen. Das gilt jedenfalls dann, wenn die alleinige Haftung des Schädigers unstreitig oder offensichtlich ist und der Schädiger Ansprüche auch noch nicht zurückgewiesen hat. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 |
Rn. 9-2349 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Der Senat hält auch an seiner Auffassung fest, dass der Klägerin ein Verstoß gegen ihre Schadensminderungsobliegenheit nicht deshalb vorzuwerfen ist, weil sie nicht sofort ihren Kaskoversicherer in Anspruch genommen hat. Dabei neigt der Senat der Auffassung zu, dass vom Geschädigten bereits grundsätzlich nicht verlangt werden kann, seinen Vollkaskoversicherer in Anspruch zu nehmen, denn Sinn und Zweck der Kaskoversicherung ist gerade nicht die Entlastung des Schädigers (so auch OLG Celle, a. a. O.; OLG Naumburg, Urteil vom 15.6.2017, a. a. O.; Kuhnert in Haus/Krumm/Quarch, Verkehrsrecht, 2. Aufl., § 249 BGB, Rn. 182 a. a. A. OLG Naumburg NZV 2005, a. a. O.). Jedenfalls kann vom Geschädigten nicht verlangt werden, dass er bei einer eindeutigen Haftungsverteilung wie im vorliegenden Fall eines Auffahrunfalles, in dem von Schädigerseite auch keine Einwendungen gegen eine Einstandspflicht dem Grunde nach erhoben werden, parallel zur Inanspruchnahme der Haftpflichtversicherung der Gegenseite bereits an seinen Kaskoversicherer herantritt. Vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden ist auch, dass die Klägerin zunächst durch ihren Prozessbevollmächtigten die Anforderung einer Reparaturkostenübernahmebestätigung zweimal wiederholen ließ, da eine Ablehnung der Übernahme durch die Beklagte nicht erfolgt war und auch nicht absehbar war, dass diese von der Beklagten verweigert werden würde. Unerheblich ist insoweit auch der von der Beklagten dargestellte Streit mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wegen der von der Beklagten geforderten Überprüfungsmöglichkeit hinsichtlich des Schadensumfangs. Allein aus den bestehenden Meinungsverschiedenheiten ist nicht abzuleiten, dass eine Reparaturkostenübernahme generell verweigert werden würde. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass schließlich der Reparaturauftrag gleichwohl von Seiten der Klägerin erteilt worden sei. Diesbezüglich hat die Klägerin bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass die Auslösung des Reparaturauftrages erst erfolgte, nachdem der erstmals am 18.10.2017 kontaktierte Kaskoversicherer eine Deckungszusage hinsichtlich der Reparaturkosten abgegeben hatte. Ohne Erfolg verweist die Beklagte ferner darauf, dass die Klägerin gegenüber dem Leasinggeber zur Instandsetzung des Fahrzeuges verpflichtet gewesen sei und sie, die Beklagte, deshalb darauf habe vertrauen dürfen, die Reparatur werde von der Klägerin zeitnah veranlasst werden. Wie ausgeführt folgt aus den Schreiben der Klägerin vom 05. und 14.09. sowie 04.10.2017 gerade, dass eine Finanzierung der Reparaturkosten der Klägerin nicht ohne weiteres möglich war und sich ohne Erklärung der Reparaturkostenübernahme eine Verzögerung ergeben würde. Unerheblich ist schließlich der Vorwurf der Beklagten, die Klägerin habe die Reparaturkosten letztlich zweimal erhalten. Die Klägerin hat vielmehr durch Vorlage des Schreibens ihres Kaskoversicherers vom 11.06.2018 belegt, dass die beauftragte Werkstatt den ihr überwiesenen Reparaturkostenanteil des Kaskoversicherers zurückerstattet hat." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2350 |
Sofern wirtschaftliche Schwierigkeiten die Schadenbearbeitung beim Geschädigten einschränken oder gar verhindern, muss sie dies dem Schädiger bzw. dessen Versicherer anzeigen und zu Vorschüssen auffordern. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 |
Rn. 9-2351 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Ist der Geschädigte aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, die Durchführung der Reparatur oder Ersatzbeschaffung zu veranlassen, so hat er dies dem Schädiger bzw. dessen Versicherer anzuzeigen und einen Vorschuss bzw. eine Reparaturkostenübernahmeerklärung einzufordern (KG NZV 2010, S.209; OLG Nürnberg, DAR 1981, S. 14; LG Frankfurt a. M. NJW-RR 1992, S. 1183; Knerr, a. a. O., Rn. 98)." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2352 |
Zunächst genügt eine entsprechende Erklärung ohne nähere Einzelheiten. Das OLG Brandenburg fordert ergänzend, dass auf entsprechende Anfrage der Schädigerseite die geschädigte Person die wirtschaftlichen Hinderungsgründe substantiieren muss. An einer solchen Notwendigkeit wird diesseits gezweifelt, auch wenn sie in der Praxis durchaus sachgerecht ist, um den Versicherer des Schädigers zu einem Vorschuss zu bewegen. Da es sich aber nur um die Bitte um angemessene Vorschüsse handeln kann, wird diesseits keine Notwendigkeit gesehen, dass der wirtschaftliche Hintergrund offengelegt wird. Das wäre erst in einem späteren Gerichtsverfahren relevant, wo der Geschädigte dann aber tatsächlich dazu konkreter vortragen müsste. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 |
Rn. 9-2353 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Unterlässt er eine entsprechende Anzeige gegenüber den Unfallgegnern, so verstößt der Geschädigte gegen seine Schadensminderungsobliegenheit (KG, a. a. O.; LG Frankfurt a. M., a. a. O.; Knerr, a. a. O.). Details zu seinen Vermögensverhältnissen muss der Geschädigte bei der Information des Gegners über das Fehlen der finanziellen Möglichkeiten zu Durchführung der Reparatur nicht mitteilen; es obliegt vielmehr der Schädigerseite hierzu gegebenenfalls entsprechende Nachweise anzufordern (OLG Dresden Urteil vom 30.06.2010, Az. 7 U 313/10, veröffentlicht in juris)." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2354 |
Eine Kreditaufnahme ist dem Geschädigten unter Umständen abzuverlangen, um die Schadenbearbeitung weiterzubringen. Diese muss ihm aber recht einfach zur Verfügung stehen und insbesondere wirtschaftlich zumutbar sein. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 |
Rn. 9-2355 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Auch eine Kreditaufnahme kann von einem Geschädigten nur dann verlangt werden, wenn er sich die hierzu erforderlichen Mittel leicht beschaffen kann und er durch die Rückzahlung nicht über seine wirtschaftlichen Verhältnisse hinaus belastet wird (OLG Celle RuS 2018, S. 616; OLG Naumburg, Urteil vom 15.06.2017, Az. 9 U 3/17, veröffentlicht in juris, und NZV 2005, S. 198; OLG Saarbrücken NZV 1990, S. 388; OLG Düsseldorf, OLG Report 1997, S. 107)." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2356 |
Prozessual ist es dann so, dass der Geschädigte im Zweifelsfall darlegen muss, weshalb er zu einer Kreditaufnahme nicht in der Lage gewesen sei. Beweisbelastet ist im Zweifel aber der Schädiger, weil er das Mitverschulden (§ 254 Abs. 2 BGB) des Geschädigten beweisen muss. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 |
Rn. 9-2357 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Dabei hat im Rechtsstreit der Geschädigte darzulegen, inwiefern er nicht in der Lage war, einen Kredit zu erhalten (OLG Naumburg, a. a. O.; OLG Düsseldorf, a. a. O; VersR 1998, S. 911; so auch der Senat im Urteil vom 30.08.2007, Az. 12 U 60/07, veröffentlicht in juris). Beweisbelastet für einen entsprechenden Verstoß gegen die Schadensminderungsobliegenheit des Geschädigten ist dann indes der Schädiger (vgl. die Entscheidung des Senats vom 30.08.2007, a. a. O.)." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2358 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Die Beklagte hätte daher darlegen und beweisen müssen, dass es der Klägerin unter den aufgezeigten Bedingungen und unter Berücksichtigung der anfallenden Reparaturkosten von knapp 14.000,00 € gleichwohl möglich gewesen wäre, im zumutbaren Rahmen eine Kreditaufnahme zu finanzieren." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2359 |
Nach erfolgter Schadenbehebung ist der Geschädigte gehalten, das Fahrzeug wieder in Besitz und Betrieb zu nehmen. Allenfalls eine minimale Zeit nach Reparatur könnte wegen entgegenstehenden Terminen eine spätere Abholung erklären. Aber vom Grundsatz her endet der zu Schadensersatz führende Nutzungsausfall spätestens mit Beendigung der Reparatur und der Mitteilung der Werkstatt darüber. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 |
Rn. 9-2360 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18) ein-/ausblenden "Lediglich für den weiteren Zeitraum bis zum 18.12.2017 kann die Klägerin eine Nutzungsausfallentschädigung nicht verlangen. Nicht nachvollziehbar ist dem Senat, warum das Fahrzeug nicht bereits am Tag der Beendigung der Reparatur von der Werkstatt abgeholt wurde." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 27.02.2020 - 12 U 86/18 (externer Link) | Rn. 9-2361 |
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