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-> Grundsätze gemeinsamer Sportausübung
Bei gemeinsamer Sportausübung ist Anknüpfungspunkt einer Haftung eine Regelwidrigkeit. Eine solche ist erforderlich, damit überhaupt Ansprüche gegen einen anderen Teilnehmer bzw. Gegenspieler in Betracht kommen. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20 |
Rn. 9-762 | Zitat (OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20) ein-/ausblenden "Gleichwohl wird man auch in der vorliegenden Trainingssituation zwischen Schülerin und Trainer im Hinblick auf die bei Kampfsport- oder Kampfkunstarten nie völlig auszuschließende Verletzungsgefahr eine rechtswidrige Pflichtverletzung nur dann annehmen können, wenn die schadensstiftende Handlung in der konkreten Situation als regelwidrig oder aber fehlerhaft ausgeführt anzusehen ist." vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20 (externer Link) | Rn. 9-763 |
Allerdings muss differenziert werden, ob Ansprüche nicht selbst für den Fall eines Unfalles wegen einer (einfachen / leichten) Regelwidrigkeit ausgeschlossen sind oder nicht. Denn leichtere Regelverletzungen sind dem Sport immanent. Hier wird differenziert zwischen der sportlichen Veranstaltung, der Frage des Versicherungsschutzes und der Schwere des Regelverstoßes. |
Rn. 9-764 |
Bei gemeinsamer Sportausübung gibt es Verletzungsrisiken, in die die Spieler durch ihre Teilnahme einwilligen und ohne besondere Pflichtverletzungen eines Mit- oder Gegenspielers auch keine Ansprüche verfolgen können. vgl. LG Münster, Urteil vom 28.09.2015 - 02 O 374/14 |
Rn. 9-765 | Zitat (LG Münster, Urteil vom 28.09.2015 - 02 O 374/14) ein-/ausblenden "Die von der Rechtsprechung für Sportveranstaltungen entwickelten Grundsätze über die Inkaufnahme unvermeidbarer Risiken bei regelrechter Ausübung dieser Sportart sind auf andere Fälle gemeinsamer sportlicher Betätigung ohne Wettkampfcharakter übertragbar, so auch auf den vorliegenden Fall. Dabei kommt es darauf an, dass sich bei einer gemeinsamen Sportausübung die der Sportart immanente Gefahr realisiert, ohne dass dabei einem Teilnehmer grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorzuwerfen wäre (vgl. OLG Naumburg, Urt. v. 15.02.2013 - 10 U 33/12). Grundsätzlich ist Inline-Skating eine Individualsportart, die nicht körperbetont ist. Für die Teilnahme an einer gemeinsamen Durchführung der streitgegenständlichen Bremsübung mit Körperkontakt in Form des Festhaltens hatten sich die Klägerin und der Beklagte zu 1) im vorliegenden Fall auf Vorschlag der Beklagten zu 2) freiwillig und eigenverantwortlich entschlossen. Beide haben nach Aufforderung durch die Beklagte zu 2) freiwillig an der Bremsübung teilgenommen. Die Klägerin hatte sich auch zuvor an dem Beklagten zu 1) festgehalten, die streitgegenständliche Bremsübung war mithin schon einmal durchgeführt worden. Angesichts ihrer langjährigen Erfahrung bei Skaten und nach eineinhalbstündiger Kursdauer kannte die Klägerin das des Fahrverhalten des Beklagten und konnte dieses auch einschätzen. Sie hätte ohne weiteres die Teilnahme an der Übung und dem Beklagten zu 1) als Übungspartner ablehnen können, keinesfalls war sie gehalten, einem entsprechenden Vorschlag der Beklagten zu 2) Folge zu leiten. Die Klägerin hat sich freiwillig dem bei einer Partnerübung erhöhten Risiko ausgesetzt. Dass der Beklagte sich bei Durchführung der Bremsübung grob fahrlässig oder vorsätzlich falsch und nicht mit dem gebotenen Maß an Rücksichtnahme verhalten hat ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Nach Maßgabe dieser Besonderheiten des Einzelfalls ist mithin von einer rechtfertigenden Einwilligung und einem konkludenten Haftungsausschluss auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit auszugehen. Es würde ein widersprüchliches Verhalten darstellen, würde man einem anderen Teilnehmer der gemeinsamen Bremsübung für die Realisierung eines bewusst eingegangenen Risikos gemeinsam sportlicher Betätigung haftungsrechtlich zur Verantwortung ziehen, obgleich ein grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Verstoß gegen den allgemeinen Grundsatz der gegenseitigen Rücksichtsnahme bei sportlicher Betätigung nicht festgestellt werden kann." vgl. LG Münster, Urteil vom 28.09.2015 - 02 O 374/14 (externer Link) | Rn. 9-766 |
Ein solches Verhältnis, welches bei einer Verletzung des anderen Schadensersatzansprüche ausschließt, soll nicht angenommen werden, wenn es sich um eine Übungssituation im Training zwischen Lehrer und Schüler handelt und der Schüler durch den Lehrer verletzt wird. Dann bleiben auch bei einfachen Regelverstößen Ansprüche des Schülers möglich. Das gilt - nach OLG Hamm - auch bei Trainingseinheiten eines Kampfsportes. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20 |
Rn. 9-767 | Zitat (OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20) ein-/ausblenden "Denn eine solche Haftungsbeschränkung, wie auch immer sie dogmatisch begründet werden mag, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur in sportlichen Wettkampfsituationen mit hohem Verletzungsrisiko gerechtfertigt (vgl. etwa BGH, Urteil vom 07.02.2006, VI ZR 20/05), sodass sich die Anwendung dieser Grundsätze auf das hier bestehende Schüler-Lehrer-Verhältnis in einer Trainingssituation im Rahmen eines bestehenden Schulungsvertrages von vornherein verbietet." vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20 (externer Link) | Rn. 9-768 |
Die Privilegierung bei Unfällen im sportlichen Wettkampf greift nicht, wenn für den Schädiger Versicherungsschutz besteht. Denn dann kann nicht angenommen werden, dass die Teilnehmer selbst für (leichtere) Regelverstöße die Teilnehmer bzw. Gegner nicht zur Verantwortung ziehen wollen. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20 |
Rn. 9-769 | Zitat (OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20) ein-/ausblenden "Darüber hinaus gelten diese Grundsätze nicht, soweit für etwaige, bei Ausübung des Sports mögliche Verletzungen Versicherungsschutz besteht (BGH, Urteil vom 29. Januar 2008, VI ZR 98/07), wie es hier der Fall ist." vgl. OLG Hamm, Urteil vom 19.02.2021 - 9 U 127/20 (externer Link) | Rn. 9-770 |
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