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Grundsätzlich dürfen automatische Türen im Bahnverkehr eingesetzt werden. vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 |
Rn. 9-1754 | Zitat (AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10) ein-/ausblenden "Die Benutzung von automatisch schließenden Türen bei U-Bahn-Zügen ist grundsätzlich nicht pflichtwidrig. Denn der technische Fortschritt erlaubt die Einführung neuer Techniken, sofern sie den gesetzlichen Sicherheitsstandards entspricht. Die Türschließautomatik wurde von der zuständigen Aufsichtsbehörde genehmigt und freigegeben." vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 (externer Link) | Rn. 9-1755 |
Allerdings müssen Türautomatiken so beschaffen sein, dass bei einem Einklemmen die Türen wieder unverzüglich öffnen. vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 |
Rn. 9-1756 | Zitat (AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10) ein-/ausblenden "Der Gesetzgeber hat die Benutzung derartiger technischer Einrichtungen sogar ausweislich § 28 Abs. 4 EBO ausdrücklich für zulässig erachtet, sofern bei ihrer Betätigung Personen nicht gefährdet werden.
Die Gefahr besteht darin, dass Fahrgäste durch sich schließende Türen eingeklemmt und dadurch verletzt werden können. Daher müssen sich die Türen bei Kontakt unverzüglich wieder öffnen.
Genau diese Sicherheitsvorkehrung griff aber, als die Klägerin ihre Hand einklemmte und kurze Zeit darauf die Türe wieder aufsprang." vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 (externer Link) | Rn. 9-1757 |
Dabei ist von der technischen Einrichtung keine schnellere Reaktion zu erwarten als von dem menschlichen Fahrzeugführer. vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 |
Rn. 9-1758 | Zitat (AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10) ein-/ausblenden "Daher geht auch der Vorwurf der Klägerin ins Leere, der Zugführer hätte die Tür sofort wieder öffnen müssen, nachdem er erkannt habe, dass die Klägerin eingeklemmt gewesen sei. Denn schneller als die automatische Vorrichtung hätte der Zugführer die Tür manuell auch nicht öffnen können." vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 (externer Link) | Rn. 9-1759 |
Die Sicherheitsvorkehrungen müssen dabei nicht so beschaffen sein, dass jeder Unfall ausgschlossen wird. Vielmehr ist auch hier auf die vorhersehbaren Gefahren, die notwendigen Maßnahmen und die Zumutbarkeit der Maßnahmen abzustellen. vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 |
Rn. 9-1760 | Zitat (AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10) ein-/ausblenden "Es besteht auch keine Veranlassung für die Beklagte, weitere höher gelegene Lichtschranken einzubauen, um eine vorzeitige Schließung der Tür zu verhindern.
Es ist zu berücksichtigen, dass nach der allgemeinen Verkehrsanschauung die Sicherheitserwartungen eines durchschnittlichen Fahrgastes davon geprägt sind, dass sich die Automatiktüren des Zuges nach kurzer Zeit wieder schließen. Dies ist bei einem Massenverkehrsmittel wie der U-Bahn für den Fahrgast auch schon deshalb erforderlich, weil ansonsten die Fahrpläne nicht eingehalten werden könnten. Ebenso ist bekannt, dass sich eben nur eine Lichtschranke im Einstieg befindet. Ein solcher Zustand entspricht den allgemeinen Erfahrungen der Öffentlichkeit und es ist grundsätzlich die Obliegenheit des Fahrgastes, sich über den Mechanismus der Türschließung zu erkundigen, wenn er freiwillig die Beförderung durch öffentliche Verkehrsmittel in Anspruch nimmt.
Als Bahnfahrerin musste der Klägerin die Gefahr, dass sich die Tür nach kurzer zeit wieder schließt, bewusst gewesen sein und sie hätte in der konkreten Situation durch gesteigerte Aufmerksamkeit und zügiges Einsteigen eben diese Gefahr kompensieren müssen.
Die Beklagte als sicherungspflichtige Betreiberin der U-Bahn darf grundsätzlich davon ausgehen und auch darauf vertrauen, dass der jeweilige Fahrgast den durchschnittlichen Anforderungen an das Ein- und Aussteigen gewachsen ist. Sie braucht auch nicht gegen jeden nur denkbaren Fall Vorsorge zu betreiben, sondern es reicht aus, wenn ihre Fahrzeuge den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen, was die Klägerin nicht substantiiert bestritten hat." vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 (externer Link) | Rn. 9-1761 |
Der Umstand, dass der öffentliche Verkehr auch von Schwerbehinderten benutzt wird, erfordert keine weitergehenden Maßnahmen. Vielmehr müssen sich besonders hilfsbedürftige Personen notwendigenfalls der Hilfe Anderer bedienen. vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 |
Rn. 9-1762 | Zitat (AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10) ein-/ausblenden "Ist die Klägerin aber aufgrund ihrer starken Seh- und Gehbehinderung nicht in der Lage, in angemessener Zeit den Zug zu besteigen, bevor die Türe nach Auslösung der Lichtschranke wieder automatisch schließt oder diese durch ein zu zögerliches Einsteigen gar nicht erst ausgelöst wird, muss sie sich entweder der Hilfe Dritter bedienen, die zum Beispiel durch Blockieren der Lichtschranke den Schließmechanismus verzögern, oder den Zug durch die vordere Türe unter der Aufsicht des Zugfahrers betreten, der die erste Tür manuell bedient." vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 (externer Link) | Rn. 9-1763 |
Das Fahrpersonal hat auch grundsätzlich keine Kontroll- oder Schutzpflicht beim Ein- und Ausstiegsvorgang. Zunächst trifft sie keine allgemeine Kontroll- oder Überwachungspflicht, ob Personen Hilfe erfordern. Weiter haben sie grundsätzlich keine Überwachungsaufgabe für die Ein- und Ausstiegsvorgänge. Denn einerseits ist der Mitfahrer gehalten, selbst diese Lage zu bewältigen. Andererseits sollen gerade die technischen Sicherheitsvorkehrungen Unfälle vermeiden. Pflichten des Fahrpersonals entstehen erst dann, wenn sie konkrete Hinweise auf die Hilfsbedürftigkeit einer Person erhalten. vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 |
Rn. 9-1764 | Zitat (AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10) ein-/ausblenden "Entgegen der Ansicht der Klägerin war er nicht dazu verpflichtet, sämtliche Türen des Zuges auf eventuell hilfsbedürftige Fahrgäste zu kontrollieren und zu überwachen und erst recht nicht die Schließautomatik ganz auszustellen. Dies würde eine Überspannung seiner Sorgfaltspflicht bedeuten und zudem gerade dem Sinn und Zweck der Einführung der Türschließautomatik widersprechen, eine zügige Abfertigung der Züge in den Bahnhöfen zu gewährleisten.
Ihm soll durch diese Einrichtung gerade die Verpflichtung abgenommen werden, die Türen je nach Bedarf zu öffnen oder zu schließen und den Fahrgastwechsel im Einzelnen zu beobachten. Aufgrund des teilweise starken Fahrgastaufkommens zu bestimmten Verkehrszeiten gerade in hoch frequentierten Bahnhöfen wie dem Hauptbahnhof ist ihm dies auch gar nicht möglich.
Das Fahrpersonal ist erst dann gehalten, sich um die Sicherheit eines einzelnen Fahrgastes zu kümmern, wenn für die Hilfsbedürftigkeit des Fahrgastes deutlich erkennbare Anhaltspunkte bestehen. Die Beklagte trägt jedoch unwiderlegt vor, dass der Fahrer die Klägerin gar nicht wahrgenommen habe und daher auch den Blindenstock als Anhaltspunkt ihrer Hilfsbedürftigkeit nicht habe erkennen können. Es stellt eine Überspannung seiner Sorgfaltspflicht dar, von ihm zu verlangen, bei der Einfahrt in den Bahnhof die anwesenden Fahrgäste auch etwaige körperliche Defizite hin zu überprüfen. Ein Blindenstock kann darüber hinaus auch aus der Distanz als einfacher Spazierstock wahrgenommen werden." vgl. AG Düsseldorf, Urteil vom 14.05.2010 - 41 C 373/10 (externer Link) | Rn. 9-1765 |
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