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Bei einem Vertrag über die Durchführung einer Behandlung mittels Permanent Make-Up handelt es sich um einen Werkvertrag. vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21 |
Rn. 9-610 | Zitat (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21) ein-/ausblenden "Das Landgericht hat das zwischen den Parteien zu Stande gekommene Vertragsverhältnis zutreffend als Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB eingeordnet (Diercks-Harms, MDR 2011, 462, 463; jeweils nur den Werkvertrag im Falle eines Permanent Make-up feststellend OLG Köln, Beschluss vom 28. Juli 2017 - 19 U 50/17 -, Rn. 2, juris; OLG Hamm, Beschluss vom 05. März 2014 - I-12 U 151/13 -, Rn. 4, juris; Kober in: BeckOGK, Stand 1. April 2022, BGB § 636 Rn. 296.1), weil nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien ein erfolgreiches Pigmentierungsresultat, wenngleich mit unterschiedlich vorgetragenem Inhalt, geschuldet war. Medizinästhetische Leistungen, die überwiegend als Dienstverträge qualifiziert werden (OLG Celle, Urteil vom 20. Mai 1985 - 1 U 33/84 - NJW 1987, 2304, 2306; Grüneberg-Retzlaff, 81. Aufl. 2022, Einf. v. § 631 Rn. 25), sind zudem vorliegend nicht betroffen." vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21 (externer Link) | Rn. 9-611 |
Tatbestandlich ist die Behandlung mit Permanent Make-Up eine Körperverletzung. Die Behandlung ist damit nur rechtmäßig, wenn eine wirksame Einwilligung vorliegt. Eine Einwilligung wird aber nur in die fachlich korrekte und auf das Ergebnis gerichtete Tätigkeit abgegeben. vgl. OLG Köln, Beschluss vom 28.07.2017 - 19 U 50/17 |
Rn. 9-612 | Zitat (OLG Köln, Beschluss vom 28.07.2017 - 19 U 50/17) ein-/ausblenden "Die Erstellung eines Permanent Makeups durch das Einstechen von Farbpigmenten mit einer Nadel in die oberste Hautschicht ist - ebenso wie das Stechen einer Tätowierung - tatbestandlich eine Verletzung des Körpers (vgl. etwa OLG Hamm, Beschluss vom 05.03.2014, 12 U 151/13, juris Rn. 2). Die von der Klägerin hierzu grundsätzlich erteilte Einwilligung erstreckte sich lediglich auf die technisch und gestalterisch mangelfreie Herstellung des Permanent Makeups. Die Einwilligung hatte daher hier keine rechtfertigende Wirkung, weil nach den für den Senat nach § 529 ZPO bindenden Feststellungen des Landgerichts eine Asymmetrie der Lidstriche bestand sowie Farbausläufe oberhalb der Lidstriche und unterhalb ihrer äußeren Enden vorlagen, die Erstellung des Permanent Makeups mithin mangelhaft war.
" vgl. OLG Köln, Beschluss vom 28.07.2017 - 19 U 50/17 (externer Link) | Rn. 9-613 | Zitat (AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13) ein-/ausblenden "Eine nach § 253 II BGB als Voraussetzung für immaterielle Schäden nötige Körperverletzung liegt vor, da das Einbringen von Permanent-Make-Up nur durch Implantation der Pigmente in die Haut mittels dafür vorgesehener Nadeln erfolgen kann. Dem steht nicht entgegen, dass die Behandlung mit einem Permanent-Make-Up aufgrund ihrer Eigenart stets mit körperlichen Beeinträchtigungen und Schmerzen verbunden ist. Derjenige, der sich einer solchen Prozedur unterzieht, willigt zwar in die Körperverletzung ein; die Einwilligung ist dabei aber darauf bezogen, dass die Behandlung mangelfrei und nach den Regeln der Kunst erbracht wird (vgl. LG Kassel, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 1 S 34/09 -, juris; Diercks-Harms, MDR 2011, 462, 465, jeweils zu den insoweit vergleichbaren Tattoos)." vgl. AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13 (externer Link) | Rn. 9-614 |
Allerdings liegt kein Vertrag über eine Heilbehandlung vor, weshalb diese strengen Aufklärungsmaßstäbe nicht gelten sollen. vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21 |
Rn. 9-615 | Zitat (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21) ein-/ausblenden "Die Beklagte unterliegt nicht den aus § 630e Abs. 1, 2 BGB folgenden Aufklärungspflichten. Die Aufklärungspflichten des § 630e BGB werden ausgelöst, weil nach 630d Abs. 1 S. 1 BGB eine Einwilligung "vor Durchführung einer medizinischen Maßnahme" einzuholen ist. Unter einer medizinischen Maßnahme sind alle Eingriffe in den Körper oder die Gesundheit zu verstehen, die im Rahmen einer medizinischen Behandlung erfolgen. Diese setzt die Erbringung eines Dienstes für die Gesundheit eines Menschen voraus (Grüneberg- Weidenkaff, 81. Aufl. 2022, Vorb v § 630a Rn. 2). Einem medizinischen Zweck war die Behandlung jedoch nicht geschuldet. Die Pigmentierung diente nicht dem Gesundheitsschutz des Klägers, sondern nur der Verbesserung seines optischen Erscheinungsbildes (vgl. in diesem Sinne OLG Köln, Beschluss vom 6. April 2020 - 5 U 175/19 -, Rn. 2, juris; Gutmann in: Staudinger, Stand 2021, BGB § 630a, Rn. 38)." vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21 (externer Link) | Rn. 9-616 |
Der Vertrag über kosmetische Arbeiten mit Permanent Make-Up stellen einen Werkvertrag dar. Deshalb schuldet der Kosmetiker den vertraglich vereinbarten Leistungserfolg. Ein Tätigwerden ohne den Erfolg oder mit einem schlechten Erfolg ist eine Schlechtleistung. vgl. LG Aachen, Urteil vom 02.03.2017 - 1 O 309/15 |
Rn. 9-617 | Zitat (LG Aachen, Urteil vom 02.03.2017 - 1 O 309/15) ein-/ausblenden | Rn. 9-618 | Zitat (AG München im Endurteil vom 26.10.2016, Az. 132 C 16894/13) ein-/ausblenden "1. Die streitgegenständlichen Verträge über das Erbringen von Permanent-Make-Up-Leistungen unterfallen dem Werkvertragrecht, §§ 631 ff. BGB, da hierbei nicht nur ein Tätigwerden, sondern ein konkreter Erfolg seitens des Unternehmers geschuldet ist (so auch AG Wuppertal, Urteil vom 21. August 2014 - 34 C 265/12 -, juris; vgl. auch LG Kassel, Beschluss vom 13. Mai 2009 - 1 S 34/09 -, juris, zu Tätowierungen)." vgl. AG München im Endurteil vom 26.10.2016, Az. 132 C 16894/13 (externer Link) | Rn. 9-619 |
Ohne Vereinbarung ist das geschuldet, was üblicherweise erwartet werden kann. vgl. AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13 |
Rn. 9-620 | Zitat (AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13) ein-/ausblenden "cc) Mängel ergeben sich indes im Bezug auf die im September 2010 durchgeführten Behandlungen. Die hierdurch erzielten Ergebnisse entsprechen nicht dem, was an üblicherweise erwartet werden kann, § 634 II 2 Nr. 2 BGB." vgl. AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13 (externer Link) | Rn. 9-621 |
Nicht alles, was aber von den Zielen abweicht, stellt zwingend einen Mangel dar; denn so ist auch der biologische Faktor der Kundschaft zu berücksichtigen. vgl. AG Wuppertal, Urteil vom 21.08.2014 - 34 C 265/12 |
Rn. 9-622 | Zitat (AG Wuppertal, Urteil vom 21.08.2014 - 34 C 265/12) ein-/ausblenden "Auch wenn bestimmte Veränderungen der Farbdichte der Pigmente durch biologischen Abbau möglich sind und diese Veränderungen nicht als Mangel zu bezeichnen sind, ist der ästhetische Gesamteindruck der Augenbrauen, der Augenlider und der Lippen der Klägerin und damit die Symmetrie des gesamten Gesichts gestört." vgl. AG Wuppertal, Urteil vom 21.08.2014 - 34 C 265/12 (externer Link) | Rn. 9-623 |
Außerdem beinhaltet der Vertrag über die Behandlung mit Permanent Make-Up einen künstlerischen Aspekt. Die Frage, ob demnach ein Werkmangel vorliegt, ist sehr differenziert zu betrachten, insbesondere unter Würdigung der aus dem Vertrag stammenden möglichen Ergebnisse. vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21 |
Rn. 9-624 | Zitat (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21) ein-/ausblenden "Da bei einer Augenbrauenpigmentierung neben der reinen handwerklichen Leistung auch künstlerische Aspekte betroffen sind, hat der Besteller grundsätzlich einen künstlerischen Gestaltungspielraum des Unternehmers hinzunehmen (BGH, Urteil vom 24. Januar 1956 - VI ZR 147/54 -, Rn. 6), so dass Geschmacksabweichungen nicht geeignet sind, einen Mangel zu begründen. Anders verhält sich dies dann, wenn der Besteller dem Unternehmer konkrete Vorgaben im Sinne einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 633 Abs. 2 S. 1 BGB gemacht hat (Peters in: Staudinger, BGB, Stand 2019, § 633 Rn. 188; LG Flensburg, Beschl. v. 13.2.2014 - 1 T 7/14 -, Rn. 4, juris). In erster Linie ist also entscheidend, was die Parteien zur optischen Erscheinung der Pigmentierung vereinbart haben." vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21 (externer Link) | Rn. 9-625 |
Die Beweislast richtet sich nach allgemeinen Regeln, weshalb die Abnahme einen rechtlich erheblichen Zeitpunkt darstellt. vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21 |
Rn. 9-626 | Zitat (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21) ein-/ausblenden "Den Kläger trifft für die Abweichung von einer Beschaffenheitsvereinbarung die Beweislast. Zwar hat grundsätzlich der Unternehmer die Mangelfreiheit seiner Leistungen zu beweisen, dies gilt aber nur bis zur Abnahme (§ 640 S. 1 BGB) des Werkes. Mit der Abnahme erkennt der Besteller das Werk als vertragsgemäß an, sodass sich in diesem Moment die Beweislast umgekehrt und der Besteller die Beweislast für behauptete Mängel trägt (BGH, Urteil vom 23. Oktober 2008 - VII ZR 64/07 -, Rn. 14, juris; BGH, Urteil vom 16. Dezember 2003 - X ZR 129/01 -, Rn. 21, juris)." vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 05.07.2022 - 17 U 116/21 (externer Link) | Rn. 9-627 |
Eine Tätigkeit darf nicht erfolgen, wenn diese für den Behandler erkennbar behandlungsfehlerhaft ist. Eine solche Tätigkeit muss er ablehnen, auch wenn sie nach entsprechender Aufklärung von dem Kunden gewünscht bzw. sogar verlangt wurde. vgl. LG Aachen, Urteil vom 02.03.2017 - 1 O 309/15 |
Rn. 9-628 | Zitat (LG Aachen, Urteil vom 02.03.2017 - 1 O 309/15) ein-/ausblenden "Jedenfalls liegt - schon nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung - eine Pflichtverletzung darin, dass die Beklagte am 15.09.2014 nach bereits erfolgter Behandlung an der Klägerin nicht wider besseres Wissen im Hinblick auf die möglichen Risiken die Korrekturmaßnahmen hätte durchführen dürfen, denn ein vom Kunden gewünschtes behandlungsfehlerhaftes Vorgehen muss der Behandler ablehnen. Selbst eine eingehende vorherige Aufklärung über die möglichen Behandlungsfolgen legitimiert kein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 26. April 2016 - I-26 U 116/14 -, juris)." vgl. LG Aachen, Urteil vom 02.03.2017 - 1 O 309/15 (externer Link) | Rn. 9-629 |
Selbst bei konkreten Wünschen der Kundschaft muss die Arbeitsmethode absolut fehlerfrei sein. vgl. AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13 |
Rn. 9-630 | Zitat (AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13) ein-/ausblenden "Abschließend führt die Sachverständige aus, dass die jetzigen Folgen gerade nicht auf etwaigen Wünschen der Klägerin beruhen, sondern auch unter Berücksichtigung der Wünsche der Klägerin eine richtige Arbeitsmethode/-technik und optimale Farbauswahl hätte eingesetzt werden müssen." vgl. AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13 (externer Link) | Rn. 9-631 | Zitat (AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13) ein-/ausblenden "dd) Unerheblich ist dabei das Vorbringen der Beklagten, sie habe der Klägerin 2008 und 2010 jeweils eindringlich davon abgeraten, die Abdeckung mit Hautfarben durchzuführen, und stattdessen empfohlen, abzuwarten. Denn auch in diesem Fall hat die Beklagte die Pflicht, etwaige entgegen ihren Rat durchgeführte Arbeiten mangelfrei und entsprechend den Regeln der Kunst zu erbringen." vgl. AG München, Endurteil vom 26.10.2016 - 132 C 16894/13 (externer Link) | Rn. 9-632 |
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