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Die Höhe des Haushaltsführungsschadens kann vom Gericht nach § 287 ZPO geschätzt werden. vgl. OLG Köln, Urteil vom 13.05.2020 - 5 U 126/18 |
Rn. 9-2042 |
Der Haushaltsführungsschaden ist jeweils individuell festzustellen, wozu konkreter Vortrag eines Geschädigten notwendig ist. Ein bloßer Verweis auf Tabellenwerke genügt nicht. vgl. OLG Celle, Urteil vom 08.07.2020 - 14 U 27/20 |
Rn. 9-2043 | Zitat (OLG Celle, Urteil vom 08.07.2020 - 14 U 27/20) ein-/ausblenden "4. Für den Haushaltsführungsschaden sind die konkreten Umstände des Falls maßgeblich. Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte daher im Einzelnen darlegen, welche Tätigkeiten, die vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können; ein bloßer allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht (Senat, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 14 U 73/06, juris). Der Haushaltsführungsschaden ist nicht anhand von Tabellenwerken, sondern auf der Basis der kon-kreten Lebensverhältnisse des Geschädigten zu ermitteln (Senat, Urteil vom 26. Juni 2019 - 14 U 154/18, VersR 2019, 1157, NJW-RR 2019, 1306, juris-Rn. 156ff. mwN, 173)." vgl. OLG Celle, Urteil vom 08.07.2020 - 14 U 27/20 (externer Link) | Rn. 9-2044 |
Ob eine Übersicht genügt, welche Arbeiten verletzungsbedingt nicht mehr möglich sind, wird nicht einheitlich gehandhabt. Das OLG Brandenburg stellt hier hohe Anforderungen an die Darlegungslast der geschädigten Person. Danach sei vortrag erforderlich, welche Arbeiten vor dem Verletzungseintritt erledigt wurden, welche mit der Verletzung nicht mehr möglich waren und welche konkrete Verletzung / Beschwerde daran hinderte, diese Haushaltstätigkeit zu verrichten. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18 |
Rn. 9-2045 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18) ein-/ausblenden "Zu Recht hat das Landgericht einen Haushaltsführungsschaden in, den vorprozessual gezahlten Betrag übersteigender Höhe nicht zugesprochen. Denn der Vortrag hierzu ist unsubstantiiert. Zwar hat sie eine tabellarische Übersicht vorgelegt, aus der Tätigkeiten und Zeiten hervorgehen, die nach ihrem Vortrag verletzungsbedingt nicht von ihr realisiert werden konnten. Diese Übersicht ist jedoch nicht unterlegt. So fehlt die Darstellung der konkreten Lebenssituation der Klägerin vor und nach dem Unfall und die substantiierte Darstellung, welche Beeinträchtigungen daran hindern, diese bestimmten Haushaltstätigkeiten auszuführen und in welchem Umfang bislang tatsächlich ausgeführte Arbeiten im Haushalt unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr in dem Umfang möglich oder zumutbar und auch nicht durch den Einsatz von Haushaltstechnik oder Umorganisation kompensierbar sind. Denn zunächst müsste sie selbst im Einzelnen vortragen, welche Tätigkeiten sie im Haushalt vor dem Unfall verrichtet hat, infolge des Unfalls aber überhaupt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben und nicht anderweitig (zumutbar) ausgleichen kann (vgl. BHHJ/Jahnke, 25. Aufl. 2018, BGB § 842 Rn. Randnummer 113a; NJOZ 2016, 16; Pardey: Der Haushaltsführungsschaden bei Verletzung (Teil 3) in SVR 2018, 165, 169; Münchener Kommentar zum StVR/Almeroth, 1. Aufl. 2017, BGB § 252 Rn. 40ff; OLG Frankfurt, Urteil v. 18.10.2018 - 22 U 97/16 - NJW 2019, 442, beck-online; OLG Celle, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 14 U 73/06 -, Rn. 28, juris)." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18 (externer Link) | Rn. 9-2046 |
Teilweise wird die Verwendung von Tabellenwerken zur Schätzung nach § 287 ZPO auch strikt abgelehnt. Denn - so diese Ansicht - die Tabellenwerke widersprächen sich teilweise und würden bei einem praxisnahen Vergleich zu nicht nachvollziehbaren Werten gelangen. vgl. OLG Celle, Urteil vom 26.06.2019 - 14 U 154/18 |
Rn. 9-2047 | Zitat (OLG Celle, Urteil vom 26.06.2019 - 14 U 154/18) ein-/ausblenden "Die Annahme, die Tabellen erlaubten einen schnelleren Zugriff auf (scheinbar) verlässliches Datenmaterial, ist damit nicht begründbar. Im Gegenteil: Die großzügige Entfaltung der Tabellen auf der Grundlage unplausibler Ansätze und Unterstellungen auf in der 8. Aufl. 138 Seiten einschließlich zahlreicher Anmerkungen und Fragebögen und in der 9. Aufl. auf insgesamt 200 Seiten steht einer praxisgerechten und belastbaren Schadensbearbeitung im Wege (in diese Richtung etwa auch Quaisser NJW 2014, 1290) und ist primär nur dazu geeignet, ohne eigenen Arbeitsaufwand mehr oder minder beliebige (hohe) Wochenarbeitszeiten im Haushalt begründen zu können. Eine hinreichend adäquate Schadensschätzung lässt sich auf diese Weise nicht rechtfertigen. Die andere Auffassung von Wussow/Zoll (aaO, Kap. 35 Rn. 9 („Selbstverständlich bestehen gegen die Anwendung der Tabellen von Schulz-Borck/Pardey in der 7. und 8. Aufl. keine Bedenken“), ist angesichts der dort grundsätzlich geteilten Kritik schwer nachvollziehbar. Eine verlässliche Schätzgrundlage, die einen adäquaten Schadensausgleich gewährleisten soll, bedarf zumindest aktueller, belastbarer Datenerhebungen. Die wegen der offensichtlichen Mängel von Wussow/Zoll (Kap. 35 Rn. 9) vorgeschlagene Korrektur durch „die Einbringung gesunden Menschenverstandes“ rechtfertigt allein, die veralteten und intransparenten Datensätze überhaupt nicht (mehr) anzuwenden.
Darüber hinaus gelten die dargelegten Einwände und Bedenken aber grundsätzlich ähnlich – wenn auch in geringerem Maß – gegenüber dem Werk von Schah Sedi (Praxishandbuch Haushaltsführungsschaden, Tabellen und Berechnungshilfen, 1. Aufl. 2017). Dort liegen zwar aktuellere Datensätze vor, beruhend auf einer Sonderauswertung der Zeitverwendungserhebung 2012/2013 durch das Statistische Bundesamt aus dem Jahr 2016, die im Auftrag der Verfasserin des neuen Tabellenwerks erstellt wurde (Schah Sedi aaO, S. 19). Die im Folgenden vorgenommene schematische Unterscheidung in (lediglich) drei Haushaltstypen, wobei als Unterscheidungskriterium das Haushaltsnettoeinkommen zugrunde gelegt wird (aaO S. 19 ff.), ist jedoch zur Bewertung der konkret beeinträchtigten Hausarbeit untauglich. Der konkrete Aufwand in der Haushaltsführung korreliert nicht signifikant mit dem Nettoeinkommen. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, warum schon bei einem Nettoeinkommen von mehr als 3.200,00 EUR/Monat die Höchststufe der Haushaltsführung erreicht sein soll (aaO, S. 20)." vgl. OLG Celle, Urteil vom 26.06.2019 - 14 U 154/18 (externer Link) | Rn. 9-2048 |
Konsequent wird der geschädigten Person abverlangt werden können, die Entwicklungsstufen der Verletzung und Genesung bei der Bemessung zu berücksichtigen, wobei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht der Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit gleichzusetzen ist, sondern in aller Regel höher als die Einschränkungen im Haushalt ist. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18 |
Rn. 9-2049 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18) ein-/ausblenden "Dabei entspricht die MdE nicht der MdH. Vielmehr gehört es schon zur Schlüssigkeit des Vortrags eine Entwicklung vom Krankenhausaufenthalt hin zur Erwerbsfähigkeit anzunehmen. Dabei muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass die berufstätige Klägerin vor dem Unfall neben ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich etwa 9 Stunden (geltend gemacht 63,44 Std. wöchentlich) im Haushalt tätig gewesen sein will." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18 (externer Link) | Rn. 9-2050 |
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