| Sie sind hier: -> Haftpflichtbuch AH
-> Fallgruppen
-> Tierhalter- & -hüterhaftung
-> Situationen
-> Tierarzt
-> Mitverschulden
Allerdigns können auch den Behandler nach allgemeinen Grundsätzen Abzüge wegen Mitverschuldens treffen. Dies richtet sich nach § 254 BGB und muss vom in Anspruch Genommenen bewiesen werden. vgl. AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 07.07.2016 - 3a C 66/16 |
Rn. 9-1167 | Zitat (AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 07.07.2016 - 3a C 66/16) ein-/ausblenden | Rn. 9-1168 |
Das Mitverschulden kann insbesondere aus der Unterlassung erforderlicher Sicherheitsmaßnahmen hervorgehen, die z.B. aus einer objektiven oder zu befürchtenden Gefährlichkeit des Tieres oder der anstehenden Behandlung hervorgehen.
In Betracht kommt z.B. die Betäubung des Tieres, das Anbinden oder das Anlegen eines Maulkorbs. Wenn das Tier dem Behandler unbekannt ist, dürfte eine Obliegenheit besonderer Vorsicht in Betracht kommen; in jedem Fall wird man besondere Vorsicht und Sicherungsnmaßnahmen abverlangen müssen, wenn das Tier dem Behandler bekannt ist und es bei vorangegangenen Behandlungen bereits zu Aggression oder Angst des Tieres kam. vgl. AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 07.07.2016 - 3a C 66/16 |
Rn. 9-1169 | Zitat (AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 07.07.2016 - 3a C 66/16) ein-/ausblenden "Nach dem Vorgenannten vermochte der Beklagte nicht mit der zur Überzeugung des Amtsgerichts erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, dass aufgrund der konkreten Umstände eine Sedierung bzw. das Anlegen eines Maulkorbes bei dem Hund geboten gewesen wäre, ein Mitverschulden der Klägerin, § 254 Satz 1 BGB, ist daher vorliegend nicht nachgewiesen." vgl. AG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 07.07.2016 - 3a C 66/16 (externer Link) | Rn. 9-1170 |
Ist ein Tier aber narkotisiert, so ist vorsichtiger Umgang mit ihm zwingend. Behandlern - insbesondere Tierärzten - ist die Kenntnis abzuverlangen, dass Tiere gerade in der Aufwachphase zu unberechnebaren Aktionen und Reaktionen neigen. vgl. OLG Celle, Urteil vom 11.06.2012 - 20 U 38/11 |
Rn. 9-1171 | Zitat (OLG Celle, Urteil vom 11.06.2012 - 20 U 38/11) ein-/ausblenden "In diesem Vorgehen liegt ein erheblicher Verstoß gegen die den Kläger im eigenen Interesse treffende Pflicht, sich vor den von dem in der Aufwachphase befindlichen Hund ausgehenden Gefahren zu schützen. Der Sachverständige hat angegeben, dass ein narkotisierter Hund in der Aufwachphase aufgrund übersteigerter Reflexe außergewöhnlich reagiert. Dies hätte dem Kläger als erfahrenem Tierarzt bekannt sein müssen, selbst wenn er bis dahin solche Erfahrungen nicht persönlich gemacht hatte und eine so heftige Reaktion nach den Ausführungen des Sachverständigen eher selten ist. Der Kläger kann nicht mit dem Einwand gehört werden, eine solche Reaktion sei derart selten, dass er hiermit vernünftigerweise nicht hätte rechnen müssen. Denn er musste aufgrund des vorhergehenden Aufschreis der Zeugin … alarmiert sein und war dies nach eigenen Angaben auch. Er konnte nicht wissen, welche Situation ihn im Aufwachraum erwarten würde. Er hätte daher mit besonderer Vorsicht agieren müssen. Neben den von ihm aufgrund des Aufschreis zunächst in Betracht gezogenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Hundes hätte er zumindest auch mit einer anderweitig atypischen Situation - wie einer Bedrohung durch den Schäferhund - rechnen und sich hierauf einstellen müssen. Sich ohne weitere Vorkehrungen - etwa das Testen der Reaktionen des Hundes durch Berühren an der Kruppe, das der Sachverständige als üblich bezeichnet hat (Bl. 334 d. A.) - umgehend über den Kopf des Tieres zu beugen, war daher in hohem Maße fahrlässig. An dieser Einschätzung ändert auch der Vortrag des Klägers nichts, der Hund habe mit dem Kopf zur Tür gelegen. Denn es ist nicht ersichtlich, warum es dem Kläger nicht hätte möglich sein sollen, gleichwohl von hinten an den Hund heranzutreten oder zunächst aus sicherer Entfernung oder durch das Berühren an ungefährlichen Körperstellen die Reaktion des Tieres zu testen, statt sich direkt über ihn zu beugen und sich damit in den Risikobereich des Gebisses zu begeben.
" vgl. OLG Celle, Urteil vom 11.06.2012 - 20 U 38/11 (externer Link) | Rn. 9-1172 |
Ist der Tierhalter nicht bei der Behandlung zugegen, obliegt dem Behandler im Rahmen der sekundären Darlegungslast die Erklärung, wie es ohne ein etwaiges Mitverschulden zu der Schädigung gekommen sei. wir der Tierarzt durch ein aus der Narkose aufwachendes Tier geschädigt, kommt ein 50%iges Mitverschulden des Behandlers unproblematisch in Betracht. Denn dass Tiere in dieser Situation viel unberechenbarer sind, muss ihm bekannt sein. Darauf muss er sich einstellen. vgl. OLG Celle, Urteil vom 11.06.2012 - 20 U 38/11 |
Rn. 9-1173 | Zitat (OLG Celle, Urteil vom 11.06.2012 - 20 U 38/11) ein-/ausblenden "Für ein die Haftung minderndes Mitverschulden des Geschädigten ist nach allgemeinen Grundsätzen der Schädiger darlegungs- und beweisbelastet, im Anwendungsbereich des § 833 S. 1 BGB also der Tierhalter. Da es der Beklagten als Halterin des Hundes aufgrund ihrer Abwesenheit während der Behandlung nicht möglich war, zu den Handlungen des Geschädigten qualifiziert vorzutragen, oblag es dem Kläger, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast konkrete Angaben zu seinem Handeln zu machen. Die Berücksichtigung seines diesbezüglichen Vortrags führt zur Annahme eines erheblichen, einen Mitverschuldensanteil von 50 % rechtfertigenden Sorgfaltspflichtverstoßes.
" vgl. OLG Celle, Urteil vom 11.06.2012 - 20 U 38/11 (externer Link) | Rn. 9-1174 |
|