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Ein Mitverschulden des Fahrgastes in öffentlichen Verkerhsmitteln ist nach den allgemeinen Grundsätzen von dem Schädiger zu beweisen. Es kommt insbesondere auf die Fahrsituation an; bei einer Vollbremsung unmittelbar im Anfahrvorgang erscheint wegen des plötzlichen Wechsels der Beschleunigung - von positiver (Anfahren) zu negativer (Abbremsen) - schwieriger darstellbar.
vgl. LG Magdeburg, Urteil vom 25.02.2011 - 5 O 1813/10 (391)


 Rn.  9-2497


Zitat (LG Magdeburg, Urteil vom 25.02.2011 - 5 O 1813/10 (391)) ein-/ausblenden      

"Denn der Klägerin ist nicht vorzuwerfen, dass sie sich nicht genügend festgehalten hat. Zwar ist nach § 4 Abs. 3 Satz 5 der Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und O-Busverkehr sowie dem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen jeder Fahrgast verpflichtet, sich im Fahrzeug stets einen festen Halt zu verschaffen. Das bedeutet für den Fahrgast einer Straßenbahn, dass er damit rechnen muss, dass - außerhalb von Fahrfehlern - bei der Fahrt ruckartige Bewegungen des Verkehrsmittels auftreten können, die seine Standsicherheit beeinträchtigen. Er ist daher selbst dafür verantwortlich, dass er durch typische und zu erwartende Bewegung der Straßenbahn nicht zu Fall kommt und muss sich Halt auch gegenüber unvorhersehbaren Bewegungen verschaffen. Der Fahrgast muss jederzeit mit einem scharfen Bremsen rechnen, (vgl. Kreisgericht Berlin 12. Zivilsenat Entscheidung vom 03.10.2010, zit. n. Juris).

Dass die Klägerin diese ihr obliegenden Sorgfaltspflichten nicht beachtet hat, lässt sich hingegen nicht feststellen, insbesondere hat die Beklagte dies nicht bewiesen. Nach übereinstimmenden Angaben der Parteien ereignete sich der Sturz und die dem Sturz vorangegangene Vollbremsung durch den Zeugen W. unmittelbar nach dem Anfahren der Straßenbahn zu einem Zeitpunkt, als die Klägerin noch im Begriff war sich zu setzen und sie noch auf dem Weg zu einem freien Sitzplatz war. In einer solchen Situation fällt es erfahrungsgemäß nicht leicht, einen festen Halt zu bewahren. Denn die Klägerin hat sich nach ihren Angaben im Termin zunächst an der Haltestange am Zweiersitzer festgehalten, um dann nach der vor ihr befindlichen Stange zu greifen, was hier allerdings aufgrund der Fliehkräfte durch die Vollbremsung nicht mehr gelungen sei. Sie ist mit ausgestreckter Hand zur Stange von der Sogwirkung der Vollbremsung erfasst worden. Unter diesen Umständen ist ein Mitverschulden, das grundsätzlich durch die Beklagte zu beweisen ist, nicht nachweisbar. Zumal die Zeugin B. glaubhaft bekundet hat, dass die Vollbremsung derart abrupt war, dass man selbst dann gestürzt wäre, wenn man sich festgehalten hätte. "

vgl. LG Magdeburg, Urteil vom 25.02.2011 - 5 O 1813/10 (391) (externer Link)


 Rn.  9-2498