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Tierhalter ist in der Regel der Reitverein, der Eigentümer des Tieres ist. Und die Tierhalterhaftung ist schon dann erfüllt, wenn der Reitschüler verletzt wird durch ein Buckeln, Bocken und Durchgehen des Pferdes. Daran ändert sich nichts, nur weil der Reitschüler sich freiwillig der Tiergefahr ausgesetzt hat. vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2002 - I-4 U 207/01 |
Rn. 9-740 | Zitat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2002 - I-4 U 207/01) ein-/ausblenden "Die Tierhalterhaftung kommt auch dem Reiter zugute, der freiwillig und im Eigeninteresse das Pferd eines anderen nutzt (BGH, NJW 1982, 763, 764; MDR 1993, 743; Palandt/Thomas, a.a.O., § 833 Rn. 1). Dass die Beklagte zu 1) als Inhaberin der Reitschule, in der das Isländer-Pferd M. - zum Unfallzeitpunkt - bereits seit einem Jahr als Reitpferd eingesetzt wurde, Pferdehalterin war, wird von ihr nicht in Abrede gestellt. Ebenso wenig kann fraglich sein, dass sich im Streitfall eine typische Tiergefahr (Palandt/Thomas, a.a.O., § 833 Rn. 6) verwirklicht hat, denn dazu rechnet auch und gerade das Bocken und Durchgehen eines ansonsten als ruhig und gutmütig geltenden Reitpferds. Dass M. entsprechend reagiert hat, als der Kläger entweder mit der rechten Stiefelspitze seine Kruppe berührte oder sich anschließend schwerfällig nach hinten in den Sattel fallen ließ, steht zwischen den Parteien auch außer Streit." vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2002 - I-4 U 207/01 (externer Link) | Rn. 9-741 |
Der Tierhüter (i.d.R. Reitverein) muss den eingesetzten Ausführenden, der nicht notwendigerweise Tierhüter wird - mit den nötigen Anweisungen versehen und deren Einhaltung überwachen. ein erhöhtes Risiko besteht beim Aufsitzen. Hier hat der Reitlehrer dem Schüler zu helfen, z.B. durch Halten des Zügels, ggfls. Einklemmen in der Armbeuge. Das gilt auch bei reiterfahrenen Schülern jedenfalls dann, wenn sie schon länger außer Übung sind. Denn die diesbezüglichen Erfahrungen gehen beim Pausieren relativ schnell verloren. Es obliegt den Verantwortlichen, die Risiken für den Reitschüler bestmöglich zu minimieren. vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2002 - I-4 U 207/01 |
Rn. 9-742 | Zitat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2002 - I-4 U 207/01) ein-/ausblenden "a) Zwar kann der Tierhalter seiner Aufsichtspflicht auch dadurch nachkommen, dass er einen geeigneten Tierhüter bestellt, bei dem es sich nicht notwendig um einen Tieraufseher i.S. des § 834 BGB handeln muss. Auch in dem Fall muss er aber den Tierhüter mit den nötigen Anweisungen versehen und deren Einhaltung überwachen (Palandt/Thomas, a.a.O., § 833 Rn. 19).
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Darüber hinaus musste sie die Beklagte zu 2) auch anhalten, ihren Reitschülern bei dem besonders risikoreichen Aufsitzen die notwendigen Hilfestellungen zu gewähren, wozu insbesondere - aus noch darzulegenden Gründen - die Sicherung der Zügel gehört. Dass sie diese Anweisung erteilt und deren Einhaltung überwacht hat, behauptet die Beklagte zu 1), die sogar die Notwendigkeit solcher Sicherheitsmaßnahmen leugnet, jedoch selbst nicht.
b) Deshalb kann als gesichert betrachtet werden, dass alle Pferde Fluchttiere sind, die von Natur aus dazu neigen, sich jeder als bedrohlich empfundenen Situation durch Flucht zu entziehen (GA 180) und dass das - wenngleich in deutlich geringerer Ausprägung - auch für Isländer-Pferde gilt (GA 145, 180). Ebenso steht fest, dass im Moment des Aufsitzens für den Reiter ein erhöhtes Risiko besteht (GA 182), das auch Dr. W. normalerweise zu mindern sucht, indem er dem Aufsitzenden Hilfestellung sowohl durch die Fixierung des Sattels als auch durch das gleichzeitige Ergreifen des rechten Trensenzügels gewährt (GA 144 R). Schließlich stimmen auch beide Gutachter darin überein, dass der Kläger trotz seiner langjährigen Erfahrung als Reiter in puncto Aufsitzen wie ein Anfänger zu behandeln war, weil die physiologischsportlichen Voraussetzungen mangels Routine relativ kurzfristig verloren gehen und in seinem Fall sowohl aufgrund des zunehmenden Alters als auch aufgrund seiner mittlerweile vorhandenen Korpulenz deutliche physiologische Veränderungen eingetreten waren (GA 144).
(...)
Dass eine Panikreaktion des Pferdes M., zu der es im Streitfall auch nach Einschätzung von Dr. W. gekommen ist (GA 187), aus damaliger Sicht sehr unwahrscheinlich war, kann diese Sorgfaltsanforderungen nicht zugunsten der Beklagten beeinflussen, da ein Fluchtreflex selbst bei einem lammfrommen Pferd nie auszuschließen ist und es Aufgabe der Beklagten zu 1) - zumal gegenüber Reitschülern - ist, das stets verbleibende Restrisiko im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu minimieren. Dass das Sichern des linken Zügels in der Ellenbogenbeuge die Beklagte zu 2) unzumutbar bei der Arbeit behindert hätte, macht die Beklagte zu 2) aber nicht geltend. Ebenso unschädlich ist, dass durch das Ergreifen der Zügel die Zügelkontrolle des Reiters - so Dr. W. - in gewisser Weise beeinträchtigt wird (GA 145), denn das ist zum Schutz von Reitanfängern und Wiedereinsteigern jedenfalls solange hinzunehmen, als nicht sicher angenommen werden kann, dass das Aufsitzen sicher beherrscht wird." vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.06.2002 - I-4 U 207/01 (externer Link) | Rn. 9-743 |
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