| Sie sind hier: -> Haftpflichtbuch AH
-> Schadenpositionen / Schäden
-> Personenschäden
-> Haushaltsführungsschaden
Ein Geschädigter kann einen Haushaltsführungsschaden geltend machen. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 01.06.2012 - 9 U 199/11 |
Rn. 9-2007 |
Bei dem Haushaltsführungsschaden handelt es sich, soweit der eigene Haushalt betroffen ist, um einen Anspruch wegen vermehrter Bedürfnisse i. S. d. § 843 Abs. 1 BGB. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2019 - 9 U 102/18 |
Rn. 9-2008 |
Dient die Haushaltsführung indes (auch) anderen Personen, liegt ein erstattungsfähiger Schaden unproblematisch vor, soweit die Haushaltsführung der geschädigten Person dient. Soweit die Haushaltsführung Dritten dient, hängt das Vorliegen eines erstattungsfähigen Schadens davon ab, ob gegenüber diesen Personen eine Verpflichtung erfüllt wird. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2019 - 9 U 102/18 |
Rn. 9-2009 | Zitat (OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2019 - 9 U 102/18) ein-/ausblenden "Soweit hingegen die Haushaltsführung anderer Personen betroffen ist, liegt ein erstattungsfähiger Schaden nur dann vor, wenn gegenüber diesen Personen eine Unterhaltspflicht besteht, welche durch die Haushaltsführung erfüllt wird. Ein solcher Unterhaltsanspruch besteht im Rahmen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft indes nicht." vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2019 - 9 U 102/18 (externer Link) | Rn. 9-2010 |
Liegt nämlich in der Haushaltsführung die Erfüllung einer Pflicht, erleidet ebenfalls der Geschädigte einen eigenen Schaden, wenn er diese Pflicht nicht mehr erfüllen kann. vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 |
Rn. 9-2011 | Zitat (OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17) ein-/ausblenden "Wenn die Unterhaltsleistung gegenüber Familienangehörigen eingeschränkt ist, ist die Erwerbsfähigkeit gemindert (vgl. Palandt/Sprau, 77. Aufl., § 843 BGB Rn. 8). Derjenige Ehegatte, der in der Ehe den Haushalt führt, bringt seinen nach § 1360 BGB geschuldeten Beitrag zum Familienunterhalt durch Einbringung und Verwertung seiner Arbeitskraft. Daraus folgt, dass er im Falle der Verletzung seiner Person und einem sich daraus ergebende Unvermögen zur Erfüllung der Haushaltsführungspflicht einen eigenen, wirtschaftlich messbaren Schaden erleidet, den der Schädiger zu ersetzen verpflichtet ist (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2006, 1553-1537, Juris Rn. 16)." vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 (externer Link) | Rn. 9-2012 |
Die Pflicht gegenüber Dritten kann entweder in Form einer Unterhaltspflicht bestehen oder aufgrund vertraglicher Vereinbarung. vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 |
Rn. 9-2013 | Zitat (OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17) ein-/ausblenden | Rn. 9-2014 |
Problematisch ist bei Unterhaltspflichten in gerader Linie, dass diese aus § 1601 BGB stammende Pflicht gemäß § 1612 Abs. 1 S.1 BGB in Form einer Geldrente zu leisten ist. § 1612 Abs. 1 S.2 BGB ist eine Ausnahme, wonach der Unterhaltsberechtigte nur in besonderen Fällen eine Leistung in Form des Naturalunterhaltes verlangen kann. vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 |
Rn. 9-2015 | Zitat (OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17) ein-/ausblenden "Dahinstehen kann dabei, ob überhaupt ein Anspruch auf Unterhaltsleistung in Form der Haushaltsführung bestehen konnte. Gemäß § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Unterhalt nämlich grundsätzlich durch Leistung einer Geldrente zu gewähren und nicht durch Haushaltsführung. Allerdings kann gemäß § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB der Verpflichtete auch verlangen, dass Naturalunterhalt geleistet wird, wenn besondere Gründe dies rechtfertigen." vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 (externer Link) | Rn. 9-2016 |
Dieser Sonderfall des § 1612 Abs. 1 S. 2 BGB ist für ein volljähriges Kind bejaht worden. vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 |
Rn. 9-2017 | Zitat (OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17) ein-/ausblenden "Für die Unterhaltsverpflichtung gegenüber einem volljährigen Kind ist dies bejaht worden, hier können die Eltern auch zum Naturalunterhalt verpflichtet sein, bei Ausfall der Fähigkeit zu Leistung dieses Unterhalts also auch Ersatz verlangen (vgl. BGH Versicherungsrecht 2006, 1081, Juris Rn. 19)." vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 (externer Link) | Rn. 9-2018 |
Bei dem Haushaltsführungsschaden für Verwandte in gerader Linie ist aber auch zu beachten, dass diese grundsätzlich zunächst selbst verpflichtet sind. Eine Unterhaltsleistung wird also primär nicht von den Verwandten geschuldet, sondern obliegt der Person zunächst selbst in Form des Einsatzes des eigenen Vermögens und ggfls. unter Zuhilfenahme der Pflegeversicherung. vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 |
Rn. 9-2019 | Zitat (OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17) ein-/ausblenden "Nach § 1602 Abs. 1 BGB ist unterhaltsberechtigt nur, wer außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Das setzt voraus, dass die Mutter unter Einsatz ihres Einkommens und Vermögens nicht in der Lage war, ihren Bedarf zu decken. Soweit sie pflegebedürftig war, waren dabei auch Leistungen der Pflegeversicherung zu berücksichtigen. Ebenso war vorhandenes Vermögen zur Deckung des eigenen Unterhaltsbedarfs einzusetzen. Dieser Bedarf bestand nach dem landgerichtlichen Urteil nur in Höhe von 2.240,00 €. Dass die Mutter diesen Betrag nicht aufbringen konnte, ist nicht zu erkennen. Zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen ihrer Mutter trägt die Klägerin nichts vor. Es ist deshalb möglich, dass sich die Mutter der Klägerin auch eine Haushaltshilfe für die geltend gemachten 4 Stunden täglich leisten konnte, ggfs. unter Inanspruchnahme der Pflegeversicherung." vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 (externer Link) | Rn. 9-2020 |
Dass die Haushaltsleistung gegenüber Dritten einer Verpflichtung zum Unterhalt entsprach, setzt eine Unterhaltspflicht des Geschädigten voraus. An der fehlt es, wenn er aufgrund seiner eigenen Situation nicht in der Lage ist, den Unterhalt zu gewähren. In diesem Fall besteht keine Unterhaltspflicht gegenüber dem Dritten, so dass dessen Ausfall auch keine Pflichterfüllung vereiteln kann und mithin ein Anspruch auf Haushaltsführungsschaden ausscheidet. vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 |
Rn. 9-2021 | Zitat (OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17) ein-/ausblenden "Auch die weiteren Anspruchsvoraussetzungen fehlen: Die Klägerin war zur Leistung des Unterhalts nicht in der Lage, sie war leistungsunfähig. § 1603 Abs. 1 BGB bestimmt, dass unterhaltspflichtig nicht ist, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung eines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Nach ihrem eigenen Vorbringen bezog die Klägerin nur eine Rente von 855,91 €. Dieser Betrag unterschreitet den Selbstbehalt im Rahmen des Elternunterhalts weit. Dieser beträgt nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts 1.800,00 € (21.3.3 der Leitlinien)." vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 (externer Link) | Rn. 9-2022 |
Bei einer Unterhaltspflicht nach § 1601 BGB - Unterhalt in gerader Linie Verwandter - ist auch zu prüfen, ob es für den Verwandten keine gesamtschuldnerisch haftenden Familienmitglieder gibt, die an der Stelle der geschädigten Person diese Pflicht nicht übernehmen müssen und damit die Unterhaltspflicht gegenüber dem Verwandten erfüllen, diese mithin nicht wegfällt. Das können - beispielsweise - Geschwister der geschädigten Person sein gegenüber den gemeinsamen Eltern. vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 |
Rn. 9-2023 | Zitat (OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17) ein-/ausblenden "Die Klage ist auch deshalb unbegründet, weil die Klägerin für einen möglichen Elternunterhalt nicht allein haftet. § 1606 Abs. 3 BGB bestimmt, dass mehrere gleich nahe Verwandte, also die Geschwister der Klägerin, anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen haften. Zur Leistungsfähigkeit ihrer Geschwister wird nicht vorgetragen. Die Klägerin behauptet lediglich pauschal, dass diese weder zu Natural- noch zu Barunterhalt in der Lage gewesen seien. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin in ihrer persönlichen Anhörung vor dem Landgericht haben aber tatsächlich ihre Schwestern die erforderlichen Tätigkeiten übernommen, solange die Klägerin ausgefallen war. Damit waren diese offenkundig leistungsfähig. Darüber hinaus sei ein Pflegedienst gekommen, so dass auch soweit die Unterhaltsbedürftigkeit entfiel." vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 (externer Link) | Rn. 9-2024 |
Soweit die Haushaltsführung nicht der Erfüllung einer bestehenden Pflicht dient, liegt kein vom Gesetzesgeber vorgesehener Schaden vor, weshalb ein Anspruch auf Haushaltsführungsschaden ausgeschlossen ist. vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 |
Rn. 9-2025 | Zitat (OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17) ein-/ausblenden "Kein Schadensersatz kann dagegen verlangt werden, wenn kein wirtschaftlich messbarer Schaden entsteht, das Vermögen also nicht gemindert wird. Denn gemäß § 253 Abs. 1 BGB kann wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden. Eine gesetzliche Bestimmung, die für Nachteile entschädigt, die dadurch entstehen, dass jemand im Falle einer Verletzung des Körpers einer sittlichen Verpflichtung nicht nachkommen kann, fehlt. Sittliche Verpflichtungen werden zwar gesetzlich nicht als irrelevant angesehen, sie sind aber beispielsweise in § 814 BGB berücksichtigt und können damit Rechtswirkungen entfalten. Eine Erweiterung von Ersatzpflichten im Bereich des Deliktsrechts bedarf allerdings einer entsprechenden gesetzlichen Regelung (vgl. OLG Düsseldorf, am angegebenen Ort, Juris Rn. 21). Die analoge Anwendung des § 843 Abs. 1 BGB auf diesen Fall ist deshalb nicht möglich. Zudem können derartige Beeinträchtigungen im Rahmen des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden. Dass es für Verletzte sehr belastend sein kann, wenn sie die eigenen pflegebedürftigen Eltern nicht durch Hilfe im Haushalt und Alltag unterstützen können, liegt auf der Hand." vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 03.04.2018 - 11 U 93/17 (externer Link) | Rn. 9-2026 |
Grundsätzlich ist substantiierter Vortrag dazu erforderlich, welche Tätigkeiten die verletzte Person vor dem Unfall und ohne die konkrete Verletzung durchgeführt hat und weshalb sie - unter Bezug auf die verletzungsbedingten Einschränkungen - nach dem Unfall dazu nicht mehr in der Lage war, ggfls. auch nicht unter Benutzung von Hilfsmitteln oder einer Umorganisation. Dies gehört schon zu dem von der geschädigten Person abzuverlangenden Vortrag, um die Tatsachengrundlage eines Anspruchs schlüssig darzustellen. vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18 |
Rn. 9-2027 | Zitat (Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18) ein-/ausblenden "Zwar hat sie eine tabellarische Übersicht vorgelegt, aus der Tätigkeiten und Zeiten hervorgehen, die nach ihrem Vortrag verletzungsbedingt nicht von ihr realisiert werden konnten. Diese Übersicht ist jedoch nicht unterlegt. So fehlt die Darstellung der konkreten Lebenssituation der Klägerin vor und nach dem Unfall und die substantiierte Darstellung, welche Beeinträchtigungen daran hindern, diese bestimmten Haushaltstätigkeiten auszuführen und in welchem Umfang bislang tatsächlich ausgeführte Arbeiten im Haushalt unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr in dem Umfang möglich oder zumutbar und auch nicht durch den Einsatz von Haushaltstechnik oder Umorganisation kompensierbar sind. Denn zunächst müsste sie selbst im Einzelnen vortragen, welche Tätigkeiten sie im Haushalt vor dem Unfall verrichtet hat, infolge des Unfalls aber überhaupt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben und nicht anderweitig (zumutbar) ausgleichen kann (vgl. BHHJ/Jahnke, 25. Aufl. 2018, BGB § 842 Rn. Randnummer 113a; NJOZ 2016, 16; Pardey: Der Haushaltsführungsschaden bei Verletzung (Teil 3) in SVR 2018, 165, 169; Münchener Kommentar zum StVR/Almeroth, 1. Aufl. 2017, BGB § 252 Rn. 40ff; OLG Frankfurt, Urteil v. 18.10.2018 - 22 U 97/16 - NJW 2019, 442, beck-online; OLG Celle, Urteil vom 14. Dezember 2006 - 14 U 73/06 -, Rn. 28, juris). Dabei entspricht die MdE nicht der MdH. Vielmehr gehört es schon zur Schlüssigkeit des Vortrags eine Entwicklung vom Krankenhausaufenthalt hin zur Erwerbsfähigkeit anzunehmen. Dabei muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass die berufstätige Klägerin vor dem Unfall neben ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich etwa 9 Stunden (geltend gemacht 63,44 Std. wöchentlich) im Haushalt tätig gewesen sein will. Aus dem Vortrag wird nicht erkennbar, aus welchen konkreten Gründen die Klägerin nach dem Unfall nicht in der Lage gewesen sein soll, das Kind zu wecken, zu füttern und zu betreuen oder die Wohnung zu lüften. Die Zubereitung von Mahlzeiten (welche?) soll 2 Stunden täglich beanspruchen. Sie war jedoch vor dem Unfall erwerbstätig und das Kind vor und nach dem Unfall in einer Kindertagesstätte, wobei die eigentliche Betreuungszeit offen bleibt. Welchen Zuschnitt die Wohnung aufweist und welchen Anteil der Partner an den Hausarbeiten hat, bleibt unklar. Damit sind allein die von der Beklagten anerkannten Aufwände, die sich zumindest in den ersten 4 Wochen durchaus mit den von Schulz-Borck/Hofmann in Tabelle 1 ermittelten Zeitaufwänden vergleichen lassen, sowie nachfolgend abgestuft, zugrunde zu legen. Hinsichtlich des Stundensatzes ist die Nettovergütung anzusetzen. Bei einem Mindestlohn von 8,50 €/Std. bleibt der Nettobetrag unterhalb der bereits ausgeglichenen 8 €/Std. Zwar wird mit nachvollziehbaren Gründen vertreten, im Rahmen der Schätzung gemäß § 287 ZPO einer Berechnung 8,50 €/Std. Brutto = Netto zugrunde zu legen. Allerdings setzt eine Anpassung des auszuurteilenden Betrages auch hier die schlüssige Darlegung des Umfangs des Haushaltsführungsschadens voraus." vgl. Brandenburgisches OLG, Urteil vom 17.06.2019 - 12 U 179/18 (externer Link) | Rn. 9-2028 |
Der Vortrag des Geschädigten muss nachvollziehbar sein, was auch jeweils dem Heilungsverlauf entsprechen muss. Beispielsweise bei Nutzung einer Gehhilfe sind diverse Tätigkeiten in Haus und Garten zu erledigen, indem sich eine Person anlehnt, im Sitzen tätig ist oder mit der freien Hand arbeitet. vgl. OLG Celle, Urteil vom 16.12.2020 - 14 U 108/20 |
Rn. 9-2029 | Zitat (OLG Celle, Urteil vom 16.12.2020 - 14 U 108/20) ein-/ausblenden "Soweit die Klägerin weitere 23 Wochen geltend macht für die Zeit, in der sie auf Unterarmgehstützen bzw. Gehhilfen angewiesen war (17 Wochen ab Mitte Juli 2016 bis Mitte November 2016 sowie 6 Wochen nach den Operationen in den Jahren 2017 und 2018) erachtet der Senat die beanspruchte von 60 % auf 20 % abgestufte Beeinträchtigung nicht für vollends nachvollziehbar. Ein Großteil der Haushaltsführung war der Klägerin in dieser Zeit nämlich durchaus trotz des Angewiesenseins auf Unterarmgehstützen und Gehhilfen möglich: Im Sitzen oder angelehnt stehend kann Essen zubereitet und der Geschirrspüler befüllt und ausgeräumt werden, Wäsche gewaschen und gebügelt werden; auch gewisse Gartenarbeiten können sitzend erledigt werden; es kann mit Hilfe des Ehemannes oder der Tochter eingekauft werden; staubsaugen ist möglich. " vgl. OLG Celle, Urteil vom 16.12.2020 - 14 U 108/20 (externer Link) | Rn. 9-2030 |
Denn es ist auf den konkreten Haushalt abzustellen, auch wenn man anschließend nach herrschender Rechtsprechung Tabellenwerke zur Hilfe nehmen kann (, was diesseits aber kritisch bewertet wird, weil kein Haushalt gleich ist und allenfalls zufällig mit einem tabellarischen Durchschnittshaushalt verglichen werden kann). Es kommt sowohl auf den konkreten Haushalt als auch die konkreten Beeinträchtigungen an. vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.12.2014 - I-1 U 92/14 |
Rn. 9-2031 | Zitat (OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.12.2014 - I-1 U 92/14) ein-/ausblenden "Maßstab für den ersatzfähigen Haushaltsführungsschaden ist die konkrete haushaltsspezifische Behinderung des Verletzten (Senat, Urteil vom 04.12.2012, Az. I-1 U 12/11, mit Hinweisen auf OLG Hamm, NZV 2002, 571; KG, NZV 2007, 43, und weiteren Nachweisen). Dazu ist grundsätzlich die konkrete Lebenssituation darzustellen, um gemäß § 287 ZPO beurteilen zu können, nach welchen wesentlichen Auswirkungen auf die Hausarbeit sich der Haushaltsführungsschaden berechnen lässt. Die Darlegung wird nicht durch einen Verweis auf eine abstrakte Minderung der Erwerbsfähigkeit oder eine entsprechende Einschränkung der Haushaltsführungstätigkeit entbehrlich (Senat, Urteil vom 07.12.2010, Az. I-1 U 51/10, mit Hinweisen auf OLG Hamm, VersR 2002, 570; OLG Koblenz, NZV 2004, 33; Pardey, DAR 2010, 14, 18; Wessel, ZfS 2010, 183, 184). Der auf Durchschnittsbetrachtungen beruhende Grad einer Erwerbsminderung besagt nichts, weil er durch Vergleiche mit dem allgemeinen Arbeitsmarkt gewonnen wird und damit von den konkreten Anforderungen an eine haushaltsspezifische Tätigkeit abstrahiert ist. Um den Haushaltsführungsschaden berechnen, ggf. schätzen zu können, ist es jedenfalls erforderlich, dass der Anspruchsteller darlegt, welche Arbeitsleistungen er in seinem konkreten Haushalt vor dem Schadensereignis tatsächlich erbracht hat und in welchem Umfang er bei diesen Tätigkeiten durch die Verletzung nunmehr gehindert ist. Der Umstand, dass das Gericht bei der Schätzung des Haushaltsführungsschadens auf Tabellenwerke zurückgreifen kann, macht einen detaillierten Sachvortrag zu den vorbezeichneten Umständen nicht entbehrlich (Senat, Urteil vom 11.10.2011, Az. I-1 U 236/10, mit Hinweis auf BGH, DAR 2009, 263; KG, KGR 2006, 749; Pardey, a. a. O., 16; Wessel, a. a. O.). Alles in allem benötigt der Richter ein möglichst genaues Bild vom Haushalt, um die zu entschädigenden Leistungen einschätzen zu können (Wessel, a. a. O.)." vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.12.2014 - I-1 U 92/14 (externer Link) | Rn. 9-2032 |
Dass Tabellenwerke nicht den konkreten Sachverhalt abbilden können, aber der konkrete Sachverhalt entscheidend ist, wird in jüngerer Zeit auch von der Rechtsprechung verstärkt erkannt. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20 |
Rn. 9-2033 | Zitat (OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20) ein-/ausblenden "Der Haushaltsführungsschaden ist nicht anhand von Tabellenwerken, sondern auf der Basis der konkreten Lebensverhältnisse des Geschädigten zu ermitteln (OLG Celle vom 08.07.2020 - 14 U 27/20 - Rn. 63, juris)." vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20 (externer Link) | Rn. 9-2034 |
Wegen der Relevanz des Einzelfalles genügt für den Ausfall auch in der Regel nicht, auf pauschal angegebene Minderungen der Erwerbsfähigkeit oder Minderung der Haushaltsführungsfähigkeit abzustellen. Bei Schwerstverletzungen wie Querschnittslähmungen wird man indes geringere Darlegungen verlangen müssen - zumindest für den Zeitraum der Umstellung und sodann je nach Art der Tätigkeit. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20 |
Rn. 9-2035 | Zitat (OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20) ein-/ausblenden "Zur Darlegung eines Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte daher im Einzelnen darlegen, welche Tätigkeiten, die vor dem Unfall im Haushalt verrichtet wurden, unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr vollständig ausgeübt werden können; ein bloßer allgemeiner Verweis auf eine bestimmte prozentuale Minderung der Erwerbsfähigkeit oder der Fähigkeit zur Haushaltsführung genügt nicht." vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20 (externer Link) | Rn. 9-2036 |
Ausnahmsweise kann doch allein auf Tabellenwerke abgestellt werden. Dies kommt in Betracht, wenn konkreter Vortrag nicht möglich ist, weil die geschädigte Person beispielsweise vor der erlittenen Gesundheitsbeeinträchtigung gar keinen eigenen Haushalt geführt hat und erst mit den Verletzungen einen eigenen Haushalt aufbaut. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2019 - 9 U 102/18 |
Rn. 9-2037 | Zitat (OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2019 - 9 U 102/18) ein-/ausblenden "Im vorliegenden Fall hält der Senat nach Maßgabe dieser Entscheidungen auch im vorliegenden Fall den Rückgriff auf die Tabelle von Pardey, Der Haushaltsführungsschaden, 8. Aufl. 2013, ausnahmsweise für zulässig, weil die Klägerin außerstande ist, zum Umfang ihrer vor dem Unfall ausgeübten Haushaltstätigkeit vorzutragen. Denn der Unfall ereilte die Klägerin im Alter von 17 Jahren und somit zu einem Zeitpunkt, als sie noch keinen eigenen Haushalt führte, sondern im Haushalt ihrer Eltern lebte. Es ist ihr daher nicht möglich, vorzutragen, in welchem Umfang sie ihren Haushalt ohne die unfallbedingten Einschränkungen geführt hätte." vgl. OLG Hamm, Urteil vom 26.04.2019 - 9 U 102/18 (externer Link) | Rn. 9-2038 |
Genügen die bekannten Umstände über den Haushalt und die gesundheitlichen Einschränkungen der geschädigten Person, kann der Haushaltsführungsschaden berechnet werden. Allerdings werden bestimmte Bagatellbereiche keine Kompensation über den Haushaltsführungsschaden mehr rechtfertigen können. Das OLG Hamm sah von einer Bemessung des Haushaltsführungsschadens für die Zeiträume ab, in denen eine Einschränkung von noch gerade einmal 10% möglich war. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20 |
Rn. 9-2039 | Zitat (OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20) ein-/ausblenden "Im Ergebnis verhilft das der Berufung aber nicht zum Erfolg. Dies deshalb, weil das Landgericht einen geringfügigen Haushaltsführungsschaden auch für den Zeitraum angenommen hat, in dem die Beeinträchtigung der Klägerin nur noch marginal war, nämlich ca.10% betrug. Bei einer derart geringfügigen Beeinträchtigung scheidet wegen bestehender Kompensationsmöglichkeiten die Geltendmachung eines Haushaltsführungsschadens in der Regel aus, so dass die zu Unrecht zuerkannten 51,- € für die Wochen 10 bis 12 gegengerechnet werden können." vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.09.2020 - 9 U 96/20 (externer Link) | Rn. 9-2040 |
|