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-> Versicherungsrecht
-> Regress des Kfz-Haftpflichtversicherers
-> gegenüber VN / VP wegen Obliegenheitsverletzungen
-> Obliegenheitsverletzungen
-> nach dem Versicherungsfall, § 6 KfzPflVV
-> Kausalität / Kausalitätsgegenbeweis
-> fehlende Kausalität
-> Beweislast bei VN / vP
Den Beweis der fehlenden Kausalität (Kausalitätsgegenbeweis) hat der Versicherungsnehmer bzw. die versicherte Person zu erbringen, wie auch dem Wortlaut des § 28 Abs. 3 VVG zu entnehmen ist. vgl. LG Baden, Hinweisbeschluss vom 16.03.2021, Az. 1 S 24/20 |
Rn. 9-2708 |
Der Kausalitätsgegenbeweis , den der Versicherte zu erbringen hat, ist erst dann geführt, wenn feststeht, dass dem Versicherer keine Feststellungnachteile erwachsen sind. vgl. LG Heidelberg, Urteil vom 18.02.2020, Az. 2 O 312/19 |
Rn. 9-2709 | Zitat (LG Heidelberg, Urteil vom 18.02.2020, Az. 2 O 312/19) ein-/ausblenden "Der Nachweis fehlender Ursächlichkeit ist bei Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit erst dann erbracht, wenn feststeht, dass dem Versicherer hierdurch keine Feststellungsnachteile erwachsen sind. Bleibt dies unklar und in der Schwebe, ist der Versicherungsnehmer beweisfällig und der Versicherer nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 VVG leistungsfrei geblieben (Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. Juni 2012 – 4 U 85/11 –, Rn. 25 – 29, juris)" vgl. LG Heidelberg, Urteil vom 18.02.2020, Az. 2 O 312/19 (externer Link) | Rn. 9-2710 | Zitat (OLG Naumburg, Urteil vom 21.06.2012 - 4 U 85/11) ein-/ausblenden "Der Nachweis fehlender Ursächlichkeit ist bei Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit allerdings erst dann erbracht, wenn feststeht, dass dem Versicherer hierdurch keine Feststellungsnachteile erwachsen sind. Bleibt dies unklar und in der Schwebe, ist der Versicherungsnehmer beweisfällig und der Versicherer nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 VVG leistungsfrei geblieben (Knappmann, in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., 2010, AKB 2008 E.6 Rdnr. 4)." vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 21.06.2012 - 4 U 85/11 (externer Link) | Rn. 9-2711 | Zitat (LG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2017 - 9 S 37/16) ein-/ausblenden "Der Nachweis fehlender Ursächlichkeit ist bei Verletzung einer Aufklärungsobliegenheit allerdings erst dann erbracht, wenn feststeht, dass dem Versicherer hierdurch keine Feststellungsnachteile erwachsen sind; bleibt dies unklar und in der Schwebe, ist der Versicherungsnehmer beweisfällig und der Versicherer nach Maßgabe des § 28 Abs. 2 VVG leistungsfrei (OLG Naumburg, Urteil vom 21.06.2012 - 4 U 85/11 -, VersR 2013, 178; Knappmann in: Prölss/Martin, VVG, 29. Aufl. 2015, AKB 08 Nr. E.6 Rn. 4)." vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2017 - 9 S 37/16 (externer Link) | Rn. 9-2712 | Zitat (LG Kleve, Urtel vom 17.05.2018, Az. 6 O 65/16) ein-/ausblenden "Der Nachweis ist nur geführt, wenn der Versicherungsnehmer beweist, dass auch bei Erfüllung der Wartepflicht keine Feststellungen zur Person oder zum Unfallhergang hätten getroffen werden können, die eine Leistungsfreiheit der Beklagten begründen würden (Knappmann, VersR 2009, 186, 187). Damit kann die Klägerin den Kausalitätsgegenbeweis im Sinne von § 28 Abs. 3 VVG, E.2.2 S. 1 AKB 2015 nicht führen. Es steht fest, dass keine sachverständigen Feststellungen mehr getroffen werden können, um etwa eine Alkoholisierung der Klägerin zum Unfallzeitpunkt zu klären oder zu klären, ob sie und nicht etwa eine andere Person das Fahrzeug geführt hat, wie es die Beklagte vermutet. Der Kausalitätsgegenbeweis ist daher in „Unfallfluchtfällen“ im Grundsatz beinahe ausgeschlossen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 21.06.2012 – 4 U 85/11 = VersR 2013, 178, 179)." vgl. LG Kleve, Urtel vom 17.05.2018, Az. 6 O 65/16 (externer Link) | Rn. 9-2713 |
Durch den Umstand, dass Alkoholisierung und Drogenbeeinträchtigung nicht mehr überprüfbar gewesen seien, weil der Versicherungsnehmer ohne Aufklärungsmöglichkeit die Unfallörtlichkeit verlassen habe, kann der Kausalitätsgegenbeweis von dem Versicherungsnehmer evtl. nicht mehr geführt werden. vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 21.06.2012 - 4 U 85/11 |
Rn. 9-2714 | Zitat (OLG Naumburg, Urteil vom 21.06.2012 - 4 U 85/11) ein-/ausblenden "Denn bereits das unerlaubte Entfernen des Klägers als angeblichen Fahrers von der Unfallstelle hat in diesem Sinne zu konkreten Feststellungsnachteilen bei der Beklagten geführt, welche sich auch durch die späteren Angaben des Klägers nicht mehr haben kompensieren lassen. So waren insbesondere keine Feststellungen mehr möglich zu einer möglichen Alkoholisierung oder Drogenbeeinträchtigung des Fahrers, die gegebenenfalls aufgrund des entsprechenden Verbots in D.2.1 nach der Regelung in D.3.1 Satz 1 und 2 AKB 2008 zum Wegfall des Versicherungsschutzes oder zu einer Leistungskürzung hätten führen können. Hätte der Kläger stattdessen als angeblicher Fahrer des Pkw die Unfallstelle nicht verlassen und dort gewartet, bis kurz darauf die Polizeibeamten am Unfallort eintrafen, stünde nicht nur die Person des Fahrers eindeutig fest, sondern wäre auch dessen mögliche Alkohol- oder Drogenbeeinflussung objektiv überprüfbar gewesen. Da der Kläger jedoch, aus welchem Grunde immer, erst am Folgetag auf der Polizeidienststelle erschienen ist, waren derartige Feststellungen, etwa mittels einer aussagekräftigen Blutprobe, nicht mehr möglich, sondern ausgeschlossen." vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 21.06.2012 - 4 U 85/11 (externer Link) | Rn. 9-2715 |
Das OLG Hamm hält einen Anschein für eine Alkoholisierung bzw. Betäubungsmitteleinnahme des Fahrers, allein weil dieser sich vom Unfallort entfernt hat, für zu weit gehend. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17 |
Rn. 9-2716 | Zitat (OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17) ein-/ausblenden "Der Senat teilt die Einschätzung, dass die allgemeine Annahme, bei jedem Verkehrsunfall, bei dem sich der Fahrer von der Unfallstelle entfernt oder nachträgliche Feststellungen nicht ermöglicht, bestehe eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine alkohol- bzw. betäubungsmittelbedingte Verkehrsuntüchtigkeit des Fahrers, zu weitgehend ist (ebenso Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 01.02.2017 - 5 U 26/16, r+s 2017, 470, Rn. 44).
Würde man in einer solchen Situation dennoch lediglich darauf verweisen, es bestehe die abstrakte Möglichkeit, dass die Polizeibeamten unmittelbar nach dem Unfall einen Anlass für eine Alkoholkontrolle gesehen haben könnten, und der Versicherungsnehmer könne den Kausalitätsgegenbeweis nicht "durch theoretische Erwägungen zum Alkoholabbau" erbringen (so aber LG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2017 - 9 S 37/16, juris), könnte der Kausalitätsgegenbeweis durch den Versicherungsnehmer so gut wie nie geführt werden, so dass die in E.8.2 S. 1 AKB 2008 geregelte Möglichkeit für die hier in Rede stehende Art einer Obliegenheitsverletzung weitestgehend leer liefe." vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17 (externer Link) | Rn. 9-2717 |
Der Versicherungsnehmer müsse nach ansicht des OLG Hamm keinen Negativbeweis erbringen bzgl. jeder nur denktheoretischen Möglichkeit bzw. ins Blaue hin aufgestellten Behauptung. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17 |
Rn. 9-2718 | Zitat (OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17) ein-/ausblenden "Ein solcher Nachweis einer negativen Tatsache setzt aber nicht voraus, dass der Beweispflichtige jede denktheoretisch mögliche oder vom Versicherer ins Blaue hinein aufgestellte Sachverhaltsvariante ausschließt, aufgrund derer diese Tatsache doch vorliegen könnte. Auch wenn an den Kausalitätsgegenbeweis grundsätzlich durchaus hohe Anforderungen zu stellen sind (Armbrüster, in: Prölss/Martin, a.a.O., § 28 Rn. 250), würde eine solche Sichtweise bedeuten, die Anforderungen an die Erbringung des (Negativ-)Beweises gemäß § 286 ZPO zu überspannen.
Es ist weder im Hinblick auf den Zweifelssatz noch sonst geboten, zugunsten des Gegners der beweisbelasteten Partei von Annahmen auszugehen, für deren Vorliegen keine konkreten tatsächlichen Anhaltspunkte vorhanden sind. Das gebietet auch nicht die im Zivilprozess geltende Beweislastverteilung. Auch danach muss der Richter deshalb nicht alle theoretisch denkbaren Ursachen als logisch gleichermaßen möglich ansehen und deshalb von der Nichtaufklärbarkeit ausgehen (OLG Hamm, Urteil vom 18.04.2013, 24 U 113/12, NJW-RR 2014, 328, Rn. 47)." vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17 (externer Link) | Rn. 9-2719 |
Gegen einen Anschein einer Alkoholisierung spreche auch, wenn sich der Unfall an einem Werktag in der Mittagszeit ereignet habe. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17 |
Rn. 9-2720 | Zitat (OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17) ein-/ausblenden "Konkrete Anhaltspunkte hierfür fehlen aber. Im Gegenteil ereignete sich der Unfall an einem Werktag (Dienstag) zur Mittagszeit. Hinweise darauf, dass der Rechtsvorgänger der Klägerin etwa von einer Veranstaltung zurückkehrte, bei der regelmäßig Alkohol konsumiert wird, existieren nicht. Ebenso wenig ist etwas dafür ersichtlich, dass er ein Alkoholproblem gehabt haben könnte, das die Ursache dafür gewesen sein könnte, zur Mittagszeit alkoholisiert zu sein." vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17 (externer Link) | Rn. 9-2721 |
Allerdings hatte das OLG Hamm den Vorteil, dass der versicherte Fahrer relativ kurz nach dem Unfall Kontakt zur Polizei hatte und diese keinen Grund für die Annahme einer Alkoholisierung gehabt habe. vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17 |
Rn. 9-2722 | Zitat (OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17) ein-/ausblenden "Ausgehend davon ist vorliegend zu beachten, dass der Rechtsvorgänger der Klägerin relativ kurz nach dem Unfallgeschehen von der Polizei aufgegriffen wurde (vgl. zu diesem Gesichtspunkt AG Emmendingen, Urteil vom 15.03.2016 - 7 C 326/15, ZfS 2016, 572) und diese ganz offenbar keinerlei Anhaltspunkte für eine Alkoholisierung hatte, weil sie anderenfalls entsprechende ergänzende Feststellungen getroffen hätte. Es verbleibt zwar die denktheoretische Möglichkeit, dass der Kläger dennoch alkoholisiert war und seine Alkoholisierung sich gerade in der geringen Zeit zwischen dem Unfall und dem Eintreffen der Polizei so weit reduzierte, dass die Polizei keine Veranlassung zu ergänzenden Feststellungen hatte, die sie aber unmittelbar nach dem Unfall womöglich noch gehabt hätte. Konkrete Anhaltspunkte hierfür fehlen aber. Im Gegenteil ereignete sich der Unfall an einem Werktag (Dienstag) zur Mittagszeit. Hinweise darauf, dass der Rechtsvorgänger der Klägerin etwa von einer Veranstaltung zurückkehrte, bei der regelmäßig Alkohol konsumiert wird, existieren nicht. Ebenso wenig ist etwas dafür ersichtlich, dass er ein Alkoholproblem gehabt haben könnte, das die Ursache dafür gewesen sein könnte, zur Mittagszeit alkoholisiert zu sein." vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 28.02.2018 - 20 U 188/17 (externer Link) | Rn. 9-2723 |
Das Verständnis des OLG Hamm erscheint nicht überzeugend. Vielmehr ist das Verständnis des LG Düsseldorf (9 S 37/16) und OLG Naumburg (4 U 85/11) praxistauglich, wonach es zunächst einfach zutreffend ist, dass dem Versicherer die Feststellung eines Alkohol- oder Drogenkonsums nicht mehr möglich ist. vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2017 - 9 S 37/16 |
Rn. 9-2724 | Zitat (LG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2017 - 9 S 37/16) ein-/ausblenden "Regelmäßig entstehen für den Versicherer schon dadurch, dass der Versicherungsnehmer sich nach dem Unfall von der Unfallstelle entfernt hat, Feststellungsnachteile, die sich nachträglich nicht mehr ausgleichen lassen; vor allem können keine objektiven Feststellungen mehr dazu getroffen werden, ob der Versicherungsnehmer bei dem Unfall unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand, was wegen des Verbots in D.2.1 AKB 2008 gemäß D.3.1 Satz 1 und 2 AKB 2008 zum Verlust seines Versicherungsschutzes führen könnte; hätte er die Polizei verständigt und an der Unfallstelle gewartet, wären diese Feststellung objektiv überprüfbar gewesen (OLG Frankfurt, Urteil vom 02.04.2015 - 14 U 208/14 -, Rn. 12; OLG Stuttgart, Urteil vom 16.10.2014 - 7 U 121/14 -, BeckRS 2014, 22178, Rn. 45)." vgl. LG Düsseldorf, Urteil vom 13.07.2017 - 9 S 37/16 (externer Link) | Rn. 9-2725 |
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