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Es gelten die allgemeinen Maßstäbe zur Verkehrssichernugspflicht auf öffentlichen Verkehrsflächen. Wenn die naheliegende Möglichkeit besteht, dass ein Verkehrsteilnehmer zu Schaden kommt, muss der Verkehrssicherungspflichtige - auch die Gemeinde - Vorsorgemaßnahmen treffen. allerdings muss eine Verkehrsfläche nicht per se gefahrenfrei sein, wenn man davon ausgehen darf, dass es sich um einfache Erschwernisse handelt, die von den Verkehrsteilnehmern hinzunehmen sind und überwunden werden können. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05 |
Rn. 9-1917 | Zitat (OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05) ein-/ausblenden "Nach gefestigter Rechtsprechung haben die für die Sicherheit der in ihren Verantwortungsbereich fallenden Verkehrsflächen zuständigen Gebietskörperschaften tunlichst darauf hinzuwirken, dass die Verkehrsteilnehmer in diesen Bereichen nicht zu Schaden kommen. Dabei muss der Sicherungspflichtige allerdings nicht für alle denkbaren, auch entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorkehrungen treffen. Eine Sicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist praktisch nicht erreichbar. Vielmehr sind Vorsorgemaßnahmen nur dann geboten, wenn sich für ein sachkundiges Urteil die naheliegende Möglichkeit einer Rechtsgutverletzung anderer ergibt (OLG Hamm, NZV 1997, 43 m. w. Nachw.). Dies ist dann zu bejahen, wenn eine Gefahrenquelle trotz Anwendung der von den Verkehrsteilnehmern zu erwartenden eigenen Sorgfalt nicht rechtzeitig erkennbar ist oder diese sich auf die Gefahrenlage nicht rechtzeitig einstellen können (vgl. BGH, VersR 1979, 1055). Dabei wird die Grenze zwischen abhilfebedürftigen Gefahren und von den Benutzern hinzunehmenden Erschwernissen ganz maßgeblich durch die sich im Rahmen des Vernünftigen haltenden Sicherheitserwartungen des Verkehrs bestimmt, die sich wesentlich an dem äußeren Erscheinungsbild der Verkehrsfläche und der Verkehrsbedeutung orientieren." vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05 (externer Link) | Rn. 9-1918 |
Auf einem Marktplatz muss insbesondere berücksichtigt werden, dass Marktbesucher abgelenkt sind und an Markttagen ein erhöhtes Besucheraufkommen zu erwarten ist. Neben einer Beseitigung der Gefahrenstelle käme auch eine Warnung oder Absperrung in Betracht. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05 |
Rn. 9-1919 | Zitat (OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05) ein-/ausblenden "Es handelt sich um eine scharfkantige, unerwartete Erhebung auf dem Marktplatz. Der Argumentation der Beklagten, die Stufenanlage sei wegen ihres dunkelfarbigen Kontrastes und des ihres Ausmaßes offenbarenden Gesamteindruckes nicht zu übersehen, so dass sich jeder Fußgänger bei Anwendung der gehörigen Aufmerksamkeit darauf einstellen könne, kann jedenfalls bezogen auf die Verhältnisse an Markttagen nicht gefolgt werden. Wie aus den zur Akte gereichten Fotos ersichtlich ist, kann von den Marktbesuchern die Stufenanlage allenfalls partitiell wahrgenommen werden. Das "Große und Ganze" des gestalterischen Elementes bleibt verborgen, weil die Markstände den Blick auf die Stufe als Einheit verstellen. Hinzu kommt- auch dies wird aus den Fotos deutlich-, das in der konkreten Situation durch die Anordnung der Stände der Eindruck einer sich bis zu den Ladengeschäften am Rande des Marktplatzes fortsetzenden Gasse entsteht, der der Blick des Marktbesuchers unwillkürlich folgt.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Aufmerksamkeit von Marktbesuchern durch die Vielzahl von zudem recht eng aneinander stehenden Ständen und Auslagen abgelenkt ist. Mit dieser durch das Marktgeschehen verminderten Aufmerksamkeit, der Konzentration des Blickes auf Stände und Auslagen, musste die Beklagte auch rechnen. Es handelt sich um eine Situation wie auch in Fußgängerzonen die nach ständiger Rechtsprechung des Senats bei der verkehrssicherungspflichtigen Gemeinde gesteigerte Anforderungen im Hinblick auf die Beschaffenheit des begehbaren Untergrundes auslöst (vgl. OLG Hamm, VersR 93, 1030).
Soweit die Beklagte an dieser Stelle einwendet, gerade an Markttagen habe ein Fußgängers eine besondere Aufmerksamkeit auf den Untergrund zu richten, da dort häufiger Hindernisse vorhanden seien, zum Beispiel Kabel, gegebenenfalls abgedeckt mit Gummimatten, Kisten usw., ist in tatsächlicher Hinsicht bereits zu berücksichtigen, dass die genannten Hindernisse in der Regel den freien Durchgang zwischen den Ständen nicht beeinträchtigen. So sind Kabel zum Beispiel meist hinter den Ständen verlegt und Kisten, Körbe und Kübel befinden sich zumeist in unmittelbarer Nähe der gegebenenfalls auskragenden Auslagen der Marktstände. In rechtlicher Hinsicht wesentlich ist jedoch, dass es sich bei all diesen möglichen Hindernissen um markttypische Gegebenheiten handelt, mit denen der Marktbenutzer gegebenenfalls rechnen kann. Die über die gesamte Breite einer Marktgasse führende Treppenanlage ist aber gleichsam ein markfremdes Hindernis, auf die sich der Fußgängerverkehr auch unter Beachtung des geschäftigen Markttreibens nicht ohne weiteres einzustellen vermag." vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05 (externer Link) | Rn. 9-1920 |
Allerdings muss eine Warnung - z.B. aufgebrachte Pünktchen - auch von dem Verkehrsteilnehmer ausreichend früh wahrgenommen werden können. sonst genügt die Warnung nicht, um der Verkehrssicherungspflicht zu entsprechen. vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05 |
Rn. 9-1921 | Zitat (OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05) ein-/ausblenden "In dieser Situation erfüllen auch die auf den Stufen angebrachten orangefarbigen Leuchtpünktchen keine hinreichende Warnfunktion. Wie sich aus den Fotos ergibt, fallen sie bei der Annäherung nicht auf und sind praktisch erst unmittelbar bei Erreichen der Stufe, und auch dann nur aus der Draufsicht von oben erkennbar." vgl. OLG Hamm, Urteil vom 13.01.2006 - 9 U 143/05 (externer Link) | Rn. 9-1922 |
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