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Ein Frisör hat aufgrund seines beruflichen Wissens eine Beratungs- und Aufklärungspflicht. Aufgrund seines überlegenen Wissens und der Tatsache, dass die aufklärungspflichten einer ärztlichen Aufklärungspflicht ähneln, soll der Frisör beweisbelastet dafür sein, dass er vollständig und richtig aufgeklärt hat (und davon ausgehen durfte, dass der Kunde dies auch verstanden hat).
vgl. AG Rüdesheim im Urteil vom 03.07.2014, Az. 3 C 344/12


 Rn.  9-443


Zitat (AG Rüdesheim im Urteil vom 03.07.2014, Az. 3 C 344/12) ein-/ausblenden      

"Dabei war die Beklagte im Rahmen ihrer vertraglichen Pflichten aus dem beratenden Teil der gemischt-vertraglichen Friseurdienstleistung nach § 611 BGB dazu verpflichtet, die Klägerin über mögliche Allergiegefahren durch die fragliche Farbbehandlung aufzuklären. Denn insoweit bestand bei der Beklagten aufgrund ihres Berufs als Friseurin eine besondere Qualifikation, die ein dem Kunden überlegenes Wissen bedingt, und auch eine entsprechende Vertrauensstellung, die zur Beratung und Aufklärung verpflichtet. Beweisbelastet für das Vorliegen einer Pflichtverletzung seitens der Beklagten ist zwar grundsätzlich die Klägerin (Palandt/Grüneberg, 71.A., § 280 BGB, Rn 34, 35; MüKo/Ernst, 6.A., § 280 BGB, Rn 30a, 146; Staudinger/Otto (2009), § 280 BGB, Rn F1). Dies gilt auch wenn die Verletzung von verhaltensbezogenen Pflichten, wie beispielsweise Aufklärungspflichten, behauptet wird (Palandt/Grüneberg, 71.A., § 280 BGB, Rn 36). Die Aufklärungspflichten des Friseurs entsprechen jedoch dogmatisch denen der ärztlichen Aufklärung, so dass nur dann eine wirksame Einwilligung in die Haarbehandlung als Körperverletzung und damit keine Pflichtverletzung des Friseurs vorliegt, wenn dieser beweisen kann, dass die erforderliche und gebotene Aufklärung über die Risiken der Behandlung vorlag (vgl. dazu u.a. LG Berlin: Urteil vom 12.08.2002 – 23 O 539/01; inzident ebenfalls AG Erkelenz v. 7.5.09, 8 C 351/08; LG Mönchengladbach, NJW-RR 2010, 325 mwN). Eine solche Pflicht besteht insbesondere dann, wenn der Kunde zu verstehen gibt, dass er auf Farbstoffe allergisch ist (OLG Frankfurt, VersR 1981, 579); dies war unstreitig für die Klägerin bekannt"
vgl. AG Rüdesheim im Urteil vom 03.07.2014, Az. 3 C 344/12 (externer Link)


 Rn.  9-444

Gerade dann, wenn der Frisör erfährt, dass ein Kunde bereits früher allergisch auf chemische Produkte reagiert hat, drängt sich eine besondere Beratungs- und Aufklärungspflicht auf. Unterbleibt diese, ist eine Einwilligung des Kunden in die Haarbehandlung unwirksam.
vgl. AG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2022 - 34 C 20/20


 Rn.  9-445


Zitat (AG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2022 - 34 C 20/20) ein-/ausblenden      

"Wenn nämlich eine Kundin ausdrücklich vor der Haarbehandlung gegenüber einem Friseur erklärt, dass sie Unverträglichkeiten bzw. eine Allergie hinsichtlich chemischer Stoffe aufweist, muss für jeden Friseur auf der Hand liegen, dass dann auch ggf. hochpotenten Kontaktallergene des Haarfärbemittels eine Allergie bei dieser Kundin auslösen können.

Insofern hätte die Beklagte dann auch die Klägerin über bestehende Risiken konkret aufklären müssen. Diese fehlende Aufklärung hat für die Frage der Wirksamkeit der Einwilligung der Klägerin im Rahmen der Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung nämlich Bedeutung. Die Beklagte wird insofern auch nicht unbillig belastet, da von ihr aufgrund ihres Fachwissens erwartet werden kann, dieses hier bestehende Risiko einzuschätzen"

vgl. AG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2022 - 34 C 20/20 (externer Link)


 Rn.  9-446

Denn die Wirksamkeit der Einwilligung des Kunden setzt voraus, dass dieser Art, Umfang und Risiken der Behandlung erkennen kann.
vgl. AG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2022 - 34 C 20/20


 Rn.  9-447


Zitat (AG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2022 - 34 C 20/20) ein-/ausblenden      

"Die hier somit gegebene Verletzung der der Beklagten obliegenden Aufklärungs-, Hinweis- und Vorsichtsmaßnahmen ist auch rechtswidrig, da die Klägerin nicht wirksam in die Vornahme der – nicht den Regeln der Technik entsprechenden – Haarbehandlung eingewilligt hatte. Denn die Einwilligung in eine Haarbehandlung ist nur dann wirksam, wenn die Kundin die Bedeutung und die Tragweite des Eingriffs auch erkennen konnte"
vgl. AG Brandenburg, Urteil vom 19.12.2022 - 34 C 20/20 (externer Link)


 Rn.  9-448

Kommt es zu einer Verletzung des Körpers, besteht nach allgemeinen Grundsätzen eine Schadensersatzpflicht. Das bedeutet, dass grundsätzlich jede Form der Fahrlässigkeit genügt, um eine Haftung auszulösen.
vgl. LG Köln, Urteil vom 11.10.2019 - 7 O 216/17


 Rn.  9-449


Zitat (LG Köln, Urteil vom 11.10.2019 - 7 O 216/17) ein-/ausblenden      

"Die Pflichtverletzung des Beklagten ist darin zu sehen, dass seine Angestellte Frau Y die verwendeten Präparate zu lange auf die Haare einwirken ließ, sodass es an der fraglichen Kopfhautstelle zu Verbrennungen und Verätzungen kam.

Die Angestellte handelte hierbei jedenfalls fahrlässig; spätestens nach der Rückmeldung der Klägerin, dass sie ein Brennen und Schmerzen am Hinterkopf verspüre, hätte die Angestellte die betroffene Stelle untersuchen und den Blondierungsvorgang abbrechen müssen. Ihr Verschulden wird dem Beklagten gemäß § 278 BGB zugerechnet."

vgl. LG Köln, Urteil vom 11.10.2019 - 7 O 216/17 (externer Link)


 Rn.  9-450

Bestätigt wurde die Entscheidung des LG Köln vom 11.10.2019 durch das OLG Köln, wobei dies das Schmerzensgeld auf 5.000 € anhob. Die Ausführungen des Landgerichts hat das OLG ausdrücklich als zutreffend bewertet.
vgl. OLG Köln, Urteil vom 19.06.2020 - 20 U 287/19


 Rn.  9-451


Allein juckende Kopfhaut ist noch kein ausreichendes Indiz für eine Körperschädigung, wenn es bei ordnungsgemäßer Arbeit auch zu diesem Jucken kommt.
vgl. AG München, Endurteil vom 24.01.2019 - 213 C 8595/18


 Rn.  9-452


Zitat (AG München, Endurteil vom 24.01.2019 - 213 C 8595/18) ein-/ausblenden      

"a) Die Klägerin hat lediglich pauschal behauptet, dass aufgrund der Handlungen der Beklagten ihre Kopfhaut begonnen habe, stark zu jucken und zu brennen, ohne jedoch auszuführen, inwiefern dieses Jucken und Brennen über die gerichtsbekannt bei der Anwendung von Bleichmittel grundsätzlich möglichen und bei der gewünschten Behandlung hinzunehmenden Nebenwirkungen hinausging. Letztlich habe die Behandlung der Beklagten auch zu Haarschäden geführt, welche für die Beklagte lange Zeit auch negative psychische Auswirkungen gehabt habe. Worin diese Haarschäden und psychischen Folgen genau bestanden haben sollen, hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen."
vgl. AG München, Endurteil vom 24.01.2019 - 213 C 8595/18 (externer Link)


 Rn.  9-453

Bei sonstigen Pflichtverletzungen - ohne Körperverletzung - ist aufgrund des Vertragstyps (Werkvertrag) grundsätzlich zunächst das Gewährleistungsrecht anwendbar, wonach der Kunde in der Regel zunächst eine angemessene Frist zur Nachbesserung setzen muss, bevor ihm Schadensersatzansprüche als Sekundärrechte zustehen.
vgl. AG München, Endurteil vom 24.01.2019 - 213 C 8595/18


 Rn.  9-454


Zitat (AG München, Endurteil vom 24.01.2019 - 213 C 8595/18) ein-/ausblenden      

"1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte mangels einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung kein werkvertraglicher Mängelgewährleistungsanspruch auf Schadensersatz statt der Leistung gem. §§ 634 Nr. 4, 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1 BGB zu."
vgl. AG München, Endurteil vom 24.01.2019 - 213 C 8595/18 (externer Link)


 Rn.  9-455

So muss der Frisör grundsätzlich die Möglichkeit der Nachbesserung erhalten.
vgl. LG Köln, Urteil vom 14.07.2017 - 4 O 381/16


 Rn.  9-456


Zitat (LG Köln, Urteil vom 14.07.2017 - 4 O 381/16) ein-/ausblenden      

"Die Beklagte hatte auch die Gelegenheit zur Nachbesserung, sowohl hinsichtlich der Haare der Klägerin als auch der Haarteile. Diese haben offenbar nicht zum Erfolg geführt; etwas anderes trägt auch die Beklagte nicht konkret vor."
vgl. LG Köln, Urteil vom 14.07.2017 - 4 O 381/16 (externer Link)


 Rn.  9-457

Wenn der Kunde wirksam in die Haarbehandlung eingewilligt hat, kann dies einem Schadensersatzanspruch entgegenstehen. Allerdings bestehen bzgl. der Einwilligung durchaus Risiken auf Seiten des Frisörs. Denn er muss dem Kunden die Tragweite des Eingriffs klarmachen und somit über die möglichen Risiken aufklären.
vgl. LG Mönchengladbach, Urteil vom 09.10.2009 - 5 S 59/09


 Rn.  9-458


Zitat (LG Mönchengladbach, Urteil vom 09.10.2009 - 5 S 59/09) ein-/ausblenden      

"Denn die Einwilligung in eine Haarbehandlung ist nur dann wirksam, wenn der Kunde die Bedeutung und die Tragweite des Eingriffs erkannt hat. Dies setzt voraus, dass der Friseur über bestehende Risiken aufklärt, wofür er - aufgrund des besonderen Risikos einer Haarfärbung - die Beweislast trägt (vgl. LG Berlin, Urteil vom 12. August 2002 - 23 O 539/01 - Juris)."
vgl. LG Mönchengladbach, Urteil vom 09.10.2009 - 5 S 59/09 (externer Link)


 Rn.  9-459